Empirische Arbeit - Leitfaden und Tipps zur Gliederung

Empirische Arbeit - Leitfaden und Tipps zur Gliederung
Ob die Wahlprognose in der Politik, die Kundenumfrage in der Marktforschung oder der Fallstudie in der Medizin und Psychologie: Forschungsarbeiten findet man in nahezu jeder Fachrichtung. Dennoch schreiben die meisten Studierende in ihrem Studium vornehmlich Literaturarbeiten, bis sie dann irgendwann einmal mit der empirischen Arbeit konfrontiert werden. Dabei gibt es feste Vorgaben und Formalitäten für den Aufbau einer empirischen Arbeit, die man besser einhalten sollte.

Was du bei der Durchführung einer empirischen Arbeit beachten musst und welche Begrifflichkeiten wichtig sind, liest du hier.

Was ist eine empirische Arbeit?



Die empirische Arbeit basiert im Unterschied zur Literaturarbeit auf wissenschaftlichen Methoden, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Dabei können durch systematische Erhebung, Auswertung und Interpretation von Daten, Aussagen über die Wirklichkeit getroffen werden. Es handelt sich also um eine Forschungsarbeit, die aufgrund des hohen Zeitaufwandes meist erst in Bachelor- oder Masterarbeiten zum Einsatz kommt. In einigen Studiengängen werden aber schon in früheren Semestern erste empirische Arbeiten geschrieben. Die empirische Forschungsarbeit kommt insbesondere, aber nicht ausschließlich, in den Sozial- und Verhaltenswissenschaften und der Medizin zum Einsatz.

Es gibt zwei verschiedene Arten der empirischen Forschung – die quantitative und die qualitative Forschung. Bei der quantitativen Forschung werden theoriegeleitete Hypothesen aufgestellt und durch die Erhebung von Daten überprüft. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die „Operationalisierung“, also die Messbarmachung der aufgestellten Hypothesen, um zu begründeten, nachvollziehbaren Ergebnissen zu kommen. Ein Beispiel für eine Methode der quantitativen Forschung ist die Befragung, meistens per Fragebogen.

Bei der qualitativen Forschung ist der Ansatz umgekehrt: Auf der Grundlage einer möglichst umfangreichen und differenzierten Datenlage werden theoretische Annahmen und Konzepte entwickelt. Auch hierzu müssen die Daten zunächst erhoben und anschließend interpretiert werden. Dies geschieht meist auf der Grundlage erster Rohdaten aus quantitativen Forschungen und wird mithilfe von offenen Verfahren, wie etwa dem Interview, durchgeführt.

Welches Verfahren gewählt werden sollte, hängt maßgeblich mit dem Ziel der Forschung und dem Forschungsstand zusammen und muss individuell entschieden werden. In den nachfolgenden Kapiteln erklären wir dir, wie die Gliederung für eine quantitative empirische Arbeit aussehen sollte.


empirische Arbeit Methoden

Vorbereitung und Themenfindung einer empirischen Arbeit



Wenn du eine empirische Arbeit schreiben willst, solltest du dir zuerst die vier W-Fragen stellen:

• Was soll untersucht werden?
• Wer soll untersucht werden?
• Wie soll untersucht werden?
• Womit soll untersucht werden?


Um diese Fragen zu beantworten, musst du als erstes eine umfassende Literaturrecherche betreiben. Überlege dir grob, für welchen Themenbereich du dich interessierst und lese dich hierzu ein. Was für Studien gibt es bereits zu deinem Thema? Was genau untersuchen sie und auf welche Ergebnisse kommen sie? Welche Fragen bleiben offen?

Meist ist es leichter ein Thema zu wählen, zu dem es bereits einige Studien gibt, an denen du dich orientieren und auf die du dich stützen kannst. Dennoch sollte deine Forschungsarbeit einen neuen Beitrag zum Forschungsstand leisten und deine Fragestellung zuvor noch nicht beantwortet worden sein!

Hast du ein Thema und eine übergeordnete wissenschaftliche Fragestellung gewählt, kannst du deine Hypothesen aufstellen. Die Hypothesen müssen falsifizierbar sein, das heißt, dass sie entweder bestätigt oder wiederlegt werden können. Dies zu tun obliegt dir in deiner Forschung, weshalb deine Hypothesen schon maßgeblich den Aufbau deiner empirischen Arbeit vorgeben.

Zuletzt musst du dir überlegen, wie und womit du deine Hypothesen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen kannst. Welche Erhebungs- und Auswertungsverfahren eignen sich dafür? Welche theoretischen Konstrukte liegen deiner Forschungsfrage und deinen Hypothesen zugrunde und wie können diese gemessen werden?

empirische Arbeit Aufbau und Gliederung

Verschiedene Datenerhebungsverfahren



Wie du die theoretischen Konstrukte erfassen möchtest, bestimmt maßgeblich, welche Methode du für die Erhebung der Daten deiner empirischen Arbeit wählen solltest. Für viele theoretischen Konstrukte gibt es bereits etablierte Erhebungsmethoden, wie z.B. die Befragung in Form einer Umfrage in der Marktforschung. In deiner empirischen Arbeit solltest du aber immer ganz genau begründen, weshalb du welches Verfahren gewählt hast. Gehe dabei auch auf Alternativen und mögliche Kritik ein.

Es gibt zahlreiche Erhebungsmethoden, wie die Befragung, das Interview, die Beobachtung, das Experiment, die Gruppendiskussion oder die Inhaltsanalyse. Wir möchten dir hier einmal die drei gängigsten Methoden – die Befragung, die Beobachtung und das Experiment – einschließlich ihrer Vor- und Nachteile vorstellen:

• Bei der Befragung werden die Teilnehmer zu ihrer Meinung, ihrem Verhalten oder ihrer Gefühlslage zu einem Thema befragt. Sie kann schriftlich, telefonisch, mündlich oder online durchgeführt werden. Die Vorteile einer Befragung liegen vor allem darin, dass diese meist recht schnell und einfach durchzuführen ist. Zudem kann man auch Zugang zu der Gefühlswelt oder den Gedanken von Personen bekommen. Nachteilig ist jedoch, dass die Befragten sich der Befragungssituation bewusst sind und dies Auswirkungen auf ihr Verhalten haben kann. Ein berühmtes Beispiel ist das Phänomen der „Sozialen Erwünschtheit“, bei der Personen absichtlich so antworten, wie sie denken, dass es von ihnen erwartet wird.

• Eine weitere gängige Erhebungsmethode ist das Experiment. Bei dieser wiederholbaren Messung abhängiger Variablen unter kontrollierten Bedingungen, werden bewusst bestimmte Veränderungen herbeigeführt, um ihre Auswirkungen auf die Teilnehmenden zu ermitteln. Ein Experiment kann im Labor oder in der natürlichen Umgebung der Befragten, dem sogenannten „Feld“, durchgeführt werden. Die Vorteile eines Experimentes liegen darin, dass du als Forscher aktiv Einfluss auf die Versuchssituation nehmen kannst. Zudem können hier auch unbewusste Aspekte menschlichen Verhaltens erfasst werden. Doch auch das Experiment hat seine Nachteile. Gerade Experimente im Labor werden aufgrund ihrer künstlichen Situation häufig kritisiert. Ähnlich der Befragung sind sich die Teilnehmer der Versuchssituation bewusst und passen ihr Verhalten gegebenenfalls daran an.

• Die Beobachtung untersucht das Verhalten von Teilnehmenden und kommt daher oft in der Verhaltensforschung zum Einsatz. Die Vorteile und Nachteile hängen hier stark von der Art der Beobachtung ab. Ist der Teilnehmende mit eingebunden und weiß, dass er beobachtet wird oder findet die Beobachtung aus der Ferne statt? Grundsätzlich haben Beobachtungen das große Potential das tatsächliche Verhalten messen zu können. Sie sind daher oft besonders repräsentativ und objektiv. Allerdings erfordern sie meist einen großen Planungsaufwand sowie geschultes Personal und stoßen dabei auf juristische Einschränkungen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beobachteten.

empirische Forschungsarbeit Experiment

Aufbau einer empirischen Arbeit



Hast du deine Forschung durchgeführt und deine Daten gesammelt, geht es an das Verfassen der empirischen Arbeit. Der grobe Aufbau ist hier immer gleich:

1. Deckblatt und Inhaltsverzeichnis
2. Einleitung (ggf. Abstract)
3. Forschungsstand und Hypothesen
4. Methodik, Durchführung und Ergebnisdarstellung
5. Diskussion und Kritik
6. Literatur- und Abbildungsverzeichnis


Bei eine empirischen Forschungsarbeit ist es besonders wichtig, dass deine Schritte und Herangehensweisen für den Leser nachvollziehbar sind. Achte dabei auf die drei Gütekriterien der Objektivität, Reliabilität und Validität.

Einleitung, Hypothese und Forschungsstand


Auch deine empirische Forschungsarbeit beginnt wie jede andere Arbeit mit einer Einleitung. Je nachdem in welcher Fachrichtung du beheimatet bist, fordern einige Dozenten hier noch ein kurzes deutsches oder englisches Abstract. In deiner Einleitung solltest du die wichtigsten Inhalte deiner Arbeit zusammenfassen. Was wird untersucht und warum? Mit welchem Verfahren wurden die Daten erhoben und ausgewertet? Zu welchen Ergebnissen kommst du und wie beantwortest du deine Forschungsfrage?

Anschließend an die Einleitung beginnt der theoretische Teil deiner empirischen Arbeit. Hier gehst du zunächst auf den Forschungsstand und auf Lücken oder Widersprüche ein. Achte dabei darauf, nur für deine Forschung relevante Themen anzusprechen und dich nicht in weite Ausführungen zu verlieren. Dieses Kapitel soll die theoretische Grundlage deiner Forschung abbilden und nicht über diese hinausgehen.

Anschließend stellst du deine Hypothesen vor. Begründe diese aufbauend auf den Forschungsstand und erkläre, mit welchem Verfahren du sie geprüft hast.

Hauptteil


Nun folgt das Herzstück deiner empirischen Arbeit: Die Durchführung deiner Forschung! Gehe hier besonders sorgfältig vor und beschreibe eingehend, wie du vorgegangen bist und warum. Beantworte die letzten drei W-Fragen:

• Wer wird untersucht? – Beschreibe und begründe die Auswahl der Grundgesamtheit.

• Wie wird untersucht? – Führe aus, wie die Daten gewonnen wurden und warum du dieses oder jenes Erhebungsverfahren dafür gewählt hast.

• Womit wird untersucht? – Erkläre Erhebungsinstrumente und wie sie die theoretischen Konstrukte erfassen. Gehe dabei auch auf mögliche Vorgänger, Weiterentwicklungen und Kritik des Instrumentes ein.


Anschließend stellst du deine Ergebnisse vor und interpretierst und diskutierst diese. Nenne dabei die wichtigsten Kennzahlen und füge eine Übersicht deiner Ergebnisse in Form von Tabellen ein. Benenne auch die Gütekriterien deiner Daten und erläutere, inwiefern diese repräsentativ für die Grundgesamtheit stehen. Desweiteren gehst du hier auf deine Hypothesen ein und ob sich diese bewahrheitet oder als nicht nachweisbar herausgestellt haben. Wichtig ist in diesem Teil deiner Arbeit vor allem, dass du möglichst verständlich und systematisch vorgehst und deine Schritte nachvollziehbar sind.

Diskussion und Kritik


Im letzten Teil deiner empirischen Arbeit gehst du kritisch mit deiner eigenen Forschung ins Gericht. Das Ziel ist es hierbei zu zeigen, dass du dir der Schwachstellen deiner eigenen Forschung bewusst bist und über diese reflektieren kannst. Keine Studie ist perfekt! Also fürchte dich nicht davor, Beeinträchtigungen deiner Ergebnisse anzusprechen.

Fasse noch einmal deine Ergebnisse zusammen und gehe auf die Gütekriterien deiner Arbeit ein. Zeige Probleme und Lücken auf, aber rechtfertige auch, weshalb du deine Forschung so durchgeführt hast. Besonders gut ist es, wenn du am Ende deiner Diskussion auf weiterführende Fragen für zukünftige Studien eingehst, die sich aus deiner Forschung ergeben haben.

empirische Arbeit schreiben

Fazit
Eine empirische Arbeit im Studium ist im Gegensatz zur Literaturarbeit oft mit viel mehr Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden. Allerdings folgt sie einem festen, systematischen Aufbau, den viele der freien Hausarbeit vorziehen. Zudem kannst du in der empirischen Forschungsarbeit selbstständig neue Erkenntnisse gewinnen und der Extraaufwand kommt besonders in der Abschlussarbeit gut an. Wenn dir das theoretische Schreiben also nicht so richtig liegt, könnte die praktischere Forschungsarbeit ein guter Ersatz für dich sein!

Bildnachweis: Vielen Dank an Jarmoluk und janeb13@pixabay.com, Lukas und Fauxels@pexels.com und Katja Steudel, technische Universität Dortmund: "Leitfaden zur Abfassung von empirischen Forschungsarbeiten".

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