Ihr seht, die Frage nach den ältesten deutschen Unis kann je nach herangezogenen Kriterien durchaus variieren:
Die älteste Hochschule Deutschlands nach dem ältesten Gründungsprivileg
Geht man danach, wer das älteste landesherrliche bzw. päpstliche Gründungsprivileg besitzt und damit die „Geburtsurkunde“ besitzt, so müsste Erfurt auf Platz 1 stehen. Das heißt, dass die Idee zur Gründung einer Universität vor der Aufnahme des eigentlichen Lehrbetriebes anzusiedeln ist:
1. 1379 Uni Erfurt (Gründungsprivileg von Papst Clemens VII.)
2. 1385 Uni Heidelberg (Gründungsprivileg von Papst Urban VI.)
3. 1388 Uni Köln (Genehmigung durch Papst Urban VI.)
Die älteste Uni Deutschlands nach dem frühesten Lehrbetrieb
Geht man aber vom ersten Lehrbetrieb in Deutschland nach den heutigen Grenzen aus, d.h. welche Uni die ersten ordentlich immatrikulierten Studierenden hatte, so würde sich folgende Reihenfolge ergeben. Dabei wird nicht berücksichtigt, ob die Hochschule zwischenzeitlich geschlossen wurde:
1. 1386 Uni Heidelberg
2. 1389 Uni Köln
3. 1392 Uni Erfurt
Die ältesten Unis Deutschlands, an denen durchgängig gelehrt wurde
Berücksichtigt man nur die deutschen Universitäten, an denen durchgängig gelehrt wurde, gelten diese 3 Hochschulen als die ältesten in Deutschland:
1. 1386 Uni Heidelberg
2. 1409 Uni Leipzig
3. 1419 Uni Rostock
Die ältesten Unis Deutschlands mit Grenzen des damaligen Heiligen Römischen Reiches deutscher Nationen
Geht man allerdings danach, welche Universitäten damals zum Heiligen Römischen Reich deutscher Nationen zählten, sehen die Top 3 jedoch gänzlich anders aus. Unabhängig von den oben genannten Kriterien ergäbe sich folgende Rangfolge:
1. 1348 Uni Prag (Karls Universität)
2. 1365 Uni Wien
3. 1386 Uni Heidelberg
Fragt man nach den ältesten europäischen Universitäten wird es noch komplizierter. Zum Teil wird die im 9. Jahrhundert entstandene medizinische Fakultät von Salerno als älteste Uni genannt. Als reguläre Universitäten mit den nach und nach entstehenden 4 Fakultäten von Artisten, Juristen, Medizinern und Theologen wäre aus historischer Sicht jedoch eher auf die Universitäten Bologna (*1088), Paris und Oxford (*jeweils Anfang des 13. Jahrhunderts) zu verweisen.
Das Problem bei der Festlegung: diese Hochschulen wurden nicht im herkömmlichen Sinne mittels Privilegierung durch den Landesherren bzw. die Kurie gegründet, sondern sind „gewachsen“ und entwickelten sich schrittweise zu Universitäten.
Oftmals lag dies nicht nur am grundsätzlichen Bedarf an Studienmöglichkeiten, sondern auch am Auszug von Studenten und Dozenten nach internen Streitigkeiten. So entstand die Uni Leipzig beispielsweise nur deshalb, weil die in 4 Nationen aufgeteilte Uni Prag im Zuge der hussitischen Bewegung vor allem den „Landeskindern“ (böhmische Nation) den Vorzug bei der Vergabe von gut dotierten Stellen gab. Daraufhin zogen über 1000 Magister und Bakkalauren von der Uni aus und gründeten in Leipzig eine neue Universität. Auf ähnliche Art und Weise entstanden so auch die Universitäten Cambridge, Heidelberg und Greifswald.
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