Studie zeigt Benachteiligung von Arbeiterkindern beim Erhalt von Stipendien

Studie zeigt Benachteiligung von Arbeiterkindern beim Erhalt von Stipendien
Die von der Initiative für transparente Studienförderung (ItS) und der Stiftung Mercator durchgeführte Studie soll zeigen, ob in Deutschland bei der Bewerbung für ein Stipendium Chancengleichheit herrscht. Eine Gelegenheit den Ruf deutscher Stipendien, sie würden nur die Bildungselite fördern, zu ändern? Wir fassen die wichtigsten Erkenntnisse aus der 42-seitigen Studie im Folgenden für dich zusammen.

Über die Stipendien Studie 2016

Über die Stipendienplattform der ItS myStipendium.de wurden insgesamt 27. 578 Abiturienten und Studenten, im Alter von 18 bis 32 Jahren, online zu ihren Erfahrungen mit Stipendien befragt. Der Frauenanteil lag bei 61,6% und die Menge der Befragten umfasste dabei sowohl Deutsche als auch Ausländer.

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Innerhalb der Studie wird dabei in Teilnehmer ohne (71,3%) und mit (28,7%) Migrationshintergrund unterschieden, wobei letztere nochmals in vier Gruppen unterteilt werden.

• "Bildungsausländer" sind Studierende, die ihre Hochschulzugangsberechtigung (HZB) im Ausland erworben haben, aber keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen
• "Bildungsinländer" sind Studierende, die zwar eine deutsche HZB, aber keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen
• Studierende mit deutscher Staatsangehörigkeit und einem ausländischen Elternteil
• Studierende mit deutscher Staatsangehörigkeit und zwei ausländischen Eltern oder eigener ausländischer Herkunft

Allerdings handelt es sich, entgegen der Grafik, nur in den letzten beiden Fällen um Deutsche mit Migrationshintergrund, während die erste Gruppe vor allem aus Studenten besteht, die sich während ihres Auslandsstudiums in Deutschland befinden.

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Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einteilung der Studienteilnehmer in vier verschiedene Bildungsherkünfte, wobei jeweils der höchste Bildungsabschluss unter den Eltern ausschlaggebend ist:

• als "Niedrig" zählt, wer ein nichtakademisches und ein ungelerntes Elternteil besitzt
• "Mittel" bedeutet zwei nichtakademische Berufsabschlüsse unter den Eltern
• "Gehoben" ist man ab einem Elternteil mit akademischem Abschluss
• "Hoch" heißt zwei akademische Elternteile

Wer bewirbt sich auf ein Stipendium?

Laut Studie haben sich etwa 64% aller Befragten schon einmal auf ein Stipendium beworben. Hier zeigt sich allerdings die Schwäche der Studie, die auf einer Plattform für Stipendieninteressierte durchgeführt wurde und damit in diesem Wert wesentlich höher liegt als die neutrale Allensbachstudie von 2010 mit nur 28%.

Aussagekräftiger ist hingegen das Verhältnis von männlichen und weiblichen Bewerbern. Während sich 65% aller Männer auf ein Stipendium beworben haben, sind es bei den Frauen 63,5%. Damit gibt es, im Verhältnis zu den Männern, etwa 2,5% weniger Bewerbungen von weiblichen Studierenden.

Und auch bei den Teilnehmern mit Migrationshintergrund gibt es Unterschiede. So ist der Anteil bei den Bildungsausländern mit 67,2% anteilig am höchsten, während er mit 58,7% bei Studierenden mit einem ausländischen Elternteil am niedrigsten ist.

Eine ähnliche Abstufung findet sich bei den Bildungsherkünften. Hier ist der Anteil von Studierenden aus hoher Bildungsherkunft mit 64,6% am höchsten und sinkt dann über die einzelnen Gruppen bis auf 59,1% bei Bewerbern aus niedrigen Bildungsherkünften ab.

Interessant ist auch in welcher Phase des Studiums eine Bewerbung auf ein Stipendium geschrieben wird. Demnach bewerben sich 57,6% aller Bachelorstudenten auf ein Stipendium. Im meist darauffolgenden Master sind es dann schon 72,4% und beim Ph.D. schließlich 82,6%. Das zeigt die Bedeutung des Stipendiums als Finanzierungsmöglichkeit im weiteren Verlauf des Studiums, nachdem die frühen Möglichkeiten, wie zum Beispiel BAföG, ausgeschöpft sind.

Wo bewirbst du dich auf ein Stipendium?

Überraschenderweise bewarben sich die meisten Teilnehmer mit 23,3% bei zahlreichen kleineren Stipendiengebern, die innerhalb der Studie namentlich nicht genannt werden. Direkt danach folgen das Deutschlandstipendium mit 23% und die Begabtenförderungswerke mit insgesamt 22,2%, wobei sich diese Zahl aus 13 verschiedenen Stiftungen zusammensetzt.

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Eine Ausnahme bildet das Erasmus-Programm und die Förderung des Deutschen Akademischen Außendienstes (DAAD). Beide sind Institutionen für Auslandsstipendien und nehmen damit eine Sonderposition zur Finanzierung eines Auslandsstudiums ein.

Schaut man nun auf die Verteilung von männlichen und weibliche Bewerben, werden die Unterschiede deutlicher sichtbar. Während die Bewerberanteile bei den kleineren Stiftungen noch relativ ähnlich sind, sinkt der Anteil weiblicher Bewerber gegenüber den männlichen beim Deutschlandstipendium um etwa 18% und den Begabtenförderungswerken um etwa 16%.

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Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Bewerbern mit Migrationshintergrund. Hier ist deren Verhältnis vor allem beim Deutschlandstipendium, im Vergleich zu Bewerbern ohne Migrationshintergrund, um etwa 14% geringer. Ganz anders ist es beim DAAD. Hier sind die Bewerberzahlen von Personen mit Migrationshintergrund um rund 33% höher, was hauptsächlich an den ausländischen Studierenden bzw. Bildungsausländern liegen dürfte.

Zu guter Letzt lohnt es sich bei den Bewerberanteilen einen Blick auf den Einfluss der Bildungsherkunft. In nahezu allen Fällen zeigt sich, parallel zum Anstieg der Bildungsherkunft, ein treppenförmiger Anstieg der Bewerbungen. Allein bei der kleinen Hans-Böckler-Stiftung ist die Situation genau umgekehrt, was wahrscheinlich mit deren Programm für Chancengleichheit zu tun hat.

Warum bewirbst du dich (nicht) auf ein Stipendium?

Prinzipiell wurde über der Hälfte der Studienteilnehmer (56,3 %), größtenteils unabhängig von Geschlecht und Migrationshintergrund, zu einer Stipendienbewerbung geraten. Dabei kamen die meisten Empfehlungen von Freunden (58%) und Eltern (46,6%).

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Allerdings gibt es bei den Empfehlenden zwischen den einzelnen Gruppen durchaus Unterschiede. So sind bei den Bewerbern mit Migrationshintergrund die Freunde, mit 61,1% gegenüber den 56,5% bei Bewerbern ohne Migrationshintergrund, ein wesentlich wichtigerer Bewerbungsimpuls, während mit zunehmender Bildungshöhe die Rolle der Eltern von 28,2% bei niedriger auf 56,7% bei hoher Bildungshöhe steigt.

Als häufigste Gründe sich nicht für ein Stipendium beworben zu haben, sagen 18,7% kein passendes Stipendium gefunden zu haben und 17% fehle das gesellschaftliche Engagement. Weiterhin meinten 14,1% ihre Noten wären nicht gut genug und 11,5% fanden die Bewerbungsprozedur zu gan.

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Das diese Gründe einen nicht von der Bewerbung auf ein Stipendium abhalten müssen, zeigen vor allem Förder, die größeren Wert auf das persönliche Engagement und angestrebte Ziel, als auf einen Einser-Schnitt, im Studium legen und damit Stipendien ohne gute Noten ermöglichen.

Wer bekommt ein Stipendium?

Von allen Bewerbern erhielten insgesamt 22% ein Stipendium. Dabei haben Frauen im direkten Vergleich zu Männern etwa 7% weniger Stipendien erhalten. Genau wie Bewerber mit Migrationshintergrund, die auch, im Vergleich zu Bewerbern ohne Migrationshintergrund, circa 7% weniger Stipendien erhalten haben.

Eine wesentlich größere Lücke tut sich allerdings beim Vergleich der Bildungsherkünfte auf. Hier beträgt der verhältnismäßige Unterschied zwischen niedriger und hoher Bildungsherkunft ganze 30%.

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Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt man auch beim Vergleich der Studienabschnitte, in denen das Stipendium vergeben wurde. Hier zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen Bachelor (16,7%), Master (32,9%) und dem Doktorgrad Ph.D. (49,9%). Im direkten Vergleich sieht man, dass angehende Doktoren etwa 300% mehr Stipendien erhalten als Bachelorstudenten. Selbst wenn man beachtet, dass sich zwar 25% mehr Studierende während der Phase des Ph.D. als des Bachelors auf ein Stipendium bewerben, ist der Unterschied beträchtlich.

Zusätzlich, zu den vergebenen Stipendien, wertet die Studie, in einer Übersicht, noch die Erfolgsquoten der einzelnen Stipendiengeber aus. Hier zeigt sich, vor allem beim Erasmus-Programm und dem DAAD, dass die Auslandsstipendien besonders hohe Erfolgswahrscheinlichkeiten von jeweils 53% beim Erasmus-Programm und 38,1% beim DAAD haben.

Was die "normalen" Stipendien angeht, hat eine Bewerbung bei den unbenannten kleinen Stipendiengeber mit 31,9% die höchsten Erfolgschancen. Gefolgt vom Fulbright-Programm (20,2%) und dem Deutschlandstipendium (19,1%). Die geringsten Aussichten auf Erfolg gibt es bei den Begabtenförderungswerken mit insgesamt nur 13,5%.

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Fazit:
Auch wenn beim Anteil an weiblichen Studierenden und Bewerbern mit Migrationshintergrund durchaus Fortschritte, im Form von geringeren Differenzen im Vergleich zu Männern und Studienteilnehmern ohne Migrationshintergrund, zu sehen sind, bleibt doch eine große Lücke zwischen den Bewerbern aus bildungsfernen Schichten und denen mit hohem Bildungshintergrund.

Wer als Mutter oder Vater einen Akademiker hat, kann auf Erfahrungen im Studienalltag zurückgreifen und kommt somit meist einfacher an die begehrten Stipendien heran. Bleibt nur zu hoffen, dass die Antragsformalitäten und Auswahlverfahren in Zukunft einfacher werden, sowie verstärkt den Hintergrund und die Motivation einer Person bewerten.

Erste Ansätze dazu gibt es schon. So bietet die Zeppelin Universität in Friedrichshafen am Bodensee mit ihrem Diversitätsstipendium bereits etwas an, dass gerade all jenen, mit weniger windschnittigem Lebenslauf, weiterhelfen sollte.

Autor: Johannes Rausch
Bildquellen: Vielen Dank an mystipendium.de für die Grafiken und annemcdon für das Titelbild (© annemcdon / pixabay.com).
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