Grund für die geplante Regelung
Das Haushaltsdefizit in Baden-Württemberg ist groß. Mit über 400 Millionen auch gar kein so kleines Loch in der Landeskasse. Dementsprechend sollen nun die einzelnen Ressorts dafür sorgen, das Minus in der Haushaltskasse wieder auszugleichen. Das Ressort für Wissenschaft, Forschung und Kunst, welches von der Grünen-Politikerin Theresia Bauer geleitet wird, muss 2017 mit satten 47 Millionen Euro weniger auskommen.
Inhalt der geplanten Studiengebühren
Wie spart man nun eine solche Summe ein? Wissenschaftsministerin Bauer hat sich womöglich an den Versuch ihrer Parteikollegin Edith Sitzmann erinnert, die 2013 den Vorschlag unterbreitete Studiengebühren für außereuropäische Studenten einzuführen. Damals scheiterte die Idee jedoch auf Grund der Ablehnung des damaligen Koalitionspartners SPD. Praktisch, dass dieser jetzt durch die CDU ersetzt ist, denn die findet den Vorschlag alles andere als übel.
Das Wissenschaftsministerium legte nun einen Plan vor, der vorsieht pro Semester 1.500 Euro Studiengebühr für Studenten aus Nicht-EU-Ländern zu erheben. Bei fast 25.000 nicht-europäischen Studenten kommt da ein gehöriges Sümmchen zusammen. Doch damit nicht genug, ein Zweitstudium nach erfolgreich abgeschlossenem Bachelor- und Masterstudium soll zukünftig 650 Euro pro Semester kosten. Und damit sich auch niemand in Sachen Gebühren benachteiligt fühlen muss, sollen sämtliche Studenten der baden-württembergischen Hochschulen, von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Aalen über die Universität Freiburg bis hin zur Uni Tübingen, einen Verwaltungskostenbeitrag in Höhe von 10 Euro pro Semester zahlen.
Ausnahmen der Regelung
Die geplante Gebührenerhebung für ausländische Studierende gilt nicht für Studenten aus EU-Ländern oder Teilnehmer der Erasmus-Programme sowie für Flüchtlinge. Auch bei bedürftigen Studenten soll es eine Ausnahmeregelung geben.
Wann gilt die Studiengebühr-Neuregelung?
Momentan sind die Studiengebühren noch keine beschlossene Sache. Den Plänen des Wissenschaftsministeriums wurden zwar am 25.10.2016 durch die Landesregierung im Rahmen der Haushaltsplanung für 2017 zugestimmt, doch bedarf die Gesetzesvorlage noch der Gutheißung des Landtags. Läuft alles nach Wunsch der schwarz-grünen Landesregierung, so würden die neuen Gebühren bereits ab dem Wintersemester 2017/18 gelten.
Was kann der Studiengebührenerhebung noch im Wege stehen?
Sachsen ist bisher das einzige Bundesland, welches anhand der Neuregelung Hochschulfreiheitsgesetzes den Hochschule frei überlässt, ob sie neben dem obligatorischen Semesterbeitrag Studiengebühren erheben oder nicht. Die Leipziger Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ (HMT) ist bisher jedoch die einzige Hochschule, die davon Gebrauch macht. Seit dem Wintersemester 2013/14 zahlen nichteuropäische Studenten hier pro Semester einen Beitrag von 1.800 Euro.
Eine Studentin aus der Mongolei reichte hiergegen Klage beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein. Dieses urteilte, zeitgleich zur Verabschiedung des Haushaltsplans der Landesregierung Baden-Württembergs, zugunsten der Klägerin. Die erste Fassung der Gebührenordnung der HTM sei fehlerhaft und damit rechtswidrig. Die Studentin erhält nun den bereits gezahlten Beitrag zurück, doch ein grundsätzliches Urteil wurde damit nicht gefällt. Dennoch könnte diese Einzelfallentscheidung die Nachahmung einer solchen Studiengebührenpraxis in Baden-Württemberg erschweren.
Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) zeigte sich enttäuscht über den fehlenden Grundsatzentscheid. Eine Gebührenerhebung für internationale Studierende sei nach Meinung der ABS ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Verfassung.
Mögliche Folgen einer solchen Studiengebührenerhebung
Die Frage nach einer Weiterentwicklung hin zu einer flächendeckenden Erhebung von Studiengebühren in Baden-Württemberg besteht natürlich. Sollte es dem Wissenschaftsresort nicht möglich sein auf diese Weise die benötigten Gelder einzutreiben, so könnte eine Umverteilung der Studiengebühren auf alle Studenten erfolgen. Alternativ wären vielleicht auch Kürzungen denkbar, welches sich negativ auf die Studienqualität auswirken könnten.
Fraglich ist auch ob die Studiengebührenerhebung für nicht-europäische Studenten den gewünschten Erfolg bringt, denn viele werden sich aufgrund dessen möglicherweise für ein Studium an Universitäten anderer Bundesländer entscheiden.
Mit einer großflächigen Protestaktion unter den Studierenden ist in jedem Fall zu rechnen.
Autor: Janine Paulig
Bildquelle: Vielen Dank an stevepb für das Bild (© stevepb / pixabay.com).