Deutsche Studentenverbindungen
Die meisten Studentenverbindungen in Deutschland sind heute in Verbänden zusammengeschlossen. Das ist nur logisch, da viele Verbindungen an mehreren Standorten anzutreffen sind und Partnerschaften pflegen. Insgesamt 30 Korporationsverbände gibt es. Dazu gehören die Dachverbände Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK), Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) oder der christlich Europäische Kartellverband (EKV). Als besonders einflussreich gelten die katholischen Zusammenschlüsse. Sie agieren weit über Deutschlands hinaus und vernetzten sich in ganz Europa.
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In Deutschland allein gibt es rund 1.000 unterschiedliche Arten von Studentenverbindungen. Teil davon sind etwa 1% aller Studierenden. Besonders viele davon befinden sich in München, Berlin, Bonn, Göttingen und Aachen. Wie sich die jeweilige Vereinigung ausrichtet, kann stark variieren. In den meisten Fällen sind die Mitglieder einer Studentenverbindung jedoch eher konservativ eingestellt. So sind bis heute etwa 85% der Vereinigungen nur für Männer zugänglich.
Besondere Begriffe in einer Studentenverbindung
Studentenverbindung: Unter dem allgemeinen Begriff einer Studentenverbindung versteht man einen Verband von aktiven oder ehemaligen Studierenden. Dieser pflegt dabei spezielle Brauchtümer oder Traditionen, die in der Zeit gewachsen sind. Es gibt jedoch nur wenige Merkmale, die alle Verbindungen gemein haben. Zwei der Prinzipien, die sich in fast jeder Studentenverbindung finden lassen sind das Conventsprinzip und das Lebensbundprinzip.
Conventsprinzip: Studentenverbindungen funktionieren basisdemokratisch. Jedes Semester wird ein Vorstand gewählt (meist 4 bis 5 Mitgliedern), der aber im Zweifelsfall schnell wieder abgesetzt werden kann.
Lebensbundprinzip: Einmal Mitglied, immer Mitglied. Wer in eine Studentenverbindung eintritt, schwört einen Eid und ist lebenslanges Mitglied. Das Austreten aus der Verbindung aus welchen Gründen auch immer ist allerdings möglich, wenn auch nicht üblich. Wer sein Studium beendet und ins Berufsleben eintritt, der bleibt als Alter Herr oder Hohe Dame Mitglied der Burschenschaft oder Damenverbindung.
Alter Herr/Hohe Dame/Philisterium: Die Alten Herren oder Hohen Damen (auch Philister genannt) beteiligen sich meist nicht mehr aktiv am „normalen“ Verbindungsleben, sondern finanzieren durch monatliche Beiträge die Burschenschaften, Corps und Damenverbindungen sowie ihrer Verbindungshäuser.
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Conkneipant/Kneipschwanz: Beschreibt ein Mitglied, das aus gewissen Gründen eigentlich nicht in die Verbindung aufgenommen werden darf. Darunter fallen z.B. Nicht-Studenten, die aber anhand besonderer Verdienste „geduldet“ werden.
Couleur: Damit sind die Farben einer Studentenverbindung gemeint. Man unterscheidet zwischen farbentragenden und farbenführenden Verbindungen. Farbentragend bedeutet, dass die Mitglieder Kleidung in den Farben der Verbindung tragen, meist ein Band und eine Mütze. Farbenführende Verbindungen tragen ihre Farben nicht mit der Kleidung, sondern in bestimmten Couleurgegenständen wie den sogenannten Zipfeln oder im Wappen und auf Fahnen. Es gibt auch schwarze Studentenverbindungen, die Farben weder tragen noch führen.
Fux/Fuchs: Der Fux ist ein neues Mitglied einer Verbindung. Er befindet sich für ein bis drei Semester in einer Art Probezeit. Er hat reduzierte Rechte, aber auch Pflichten und muss sich mit der Geschichte und Kultur seiner Verbindung auseinandersetzen. Für den Übergang zum Vollmitglied muss er nämlich die Fuchsen- oder Burschenprüfung ablegen.
Kneipe/Kommers: Eine Kneipe ist eine Studenten Feier mit festem Ablauf, auf der Lieder gesungen und Reden gehalten werden und Bier (manchmal auch Wein) konsumiert wird. Kommers ist die festliche, „offizielle“ Art der Kneipe. Sie findet zu Stiftungsfesten (an denen der Jahrestag der Gründung der Verbindung gefeiert wird) oder Universitätsjubiläen statt. Es wird eine Festrede von einem berühmten Teilnehmer gehalten, der nicht zwangsläufig Mitglied der Verbindung sein muss.
Mensur: Dies beschreibt das akademische Fechten, ein fester Bestandteil des Verbandslebens in Burschenschaften, Corps und Co. Allerdings nur in schlagenden Verbindungen (im Unterschied zu nichtschlagenden Verbindungen) und auch hier ist es in den meisten Fällen keine Pflicht mehr, sondern freiwillig.
Schmiss: Der Schmiss bezeichnet eine Narbe, die in der Mensur beim Fechten zugefügt wurde und gilt oft als Statussymbol unter Verbindungsstudenten. Dieses Zeichen einer Zugehörigkeit zu einer Burschenschaft oder Corps kommt heute aber seltener vor, als früher.
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Vorteile einer Studentenverbindung : Enges Zusammenleben und Kontakteknüpfen
Zu den Vorteilen einer Studentenverbindung gehört, dass man hier eine erste Anlaufstelle hat. Vor allem wenn man neu in einer Stadt kann es helfen schnell neue Leute kennenzulernen. Da sich die Mitglieder in einer Studentenverbindung meist stark mit dieser identifizieren, ist ein aktives Verbindungsleben meist der Fall.
Darüber hinaus kannst du hier potenziell deine Interessen weiter verfolgen. Es gibt nämlich zum Beispiel auch Verbindungen, die einen besonderen sportlichen, musischen oder akademischen Hintergrund haben. Dadurch findest du hier natürlich auch noch mehr Gleichgesinnte.
Ein weiterer ganz praktischer Grund um einer Studentenverbindung beizutreten sind die Zimmerpreise. Viele der traditionsreichen Häuser können mit einer günstigen Miete locken. Dadurch, dass die alten Mitglieder die Unterkünfte häufig unterstützen, hast du zudem in vielen Fällen ein sehr komfortables Leben. Teilweise gibt es Putzkräfte oder Kochpersonal in einer Studentenverbindung. Das erspart natürlich auch zusätzlichen WG-Stress.
Auch die ehemaligen Mitglieder engagieren sich häufig noch in den Verbindungen. Dies kann entweder rein finanziell sein oder auch durch verschiedene Veranstaltungen. Dabei kannst du nicht nur von ihren Erfahrungen lernen, sondern auch über das Studentenleben hinaus Einblicke bekommen.
Der Kontakt zu aktiven oder ehemaligen Mitgliedern ist dabei für viele der Hauptgrund einer Studentenverbindung beizutreten. Neben den persönlichen Interessen bietet sich nämlich hierbei die Möglichkeit dein Netzwerk stark zu vergrößern. So kannst du z.B. auch im späteren Berufsleben durch die Kontakte aus deiner Studentenverbindung profitieren.
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Nachteile einer Studentenverbindung: Eingeschränkte Individualität und Verpflichtungen
Ein wichtiger Punkt bei der Bewertung von einer Studentenverbindung ist, dass sich das Zusammenleben durch viele Regeln auszeichnet. Dadurch kann es sein, dass eigene Bedürfnisse oder individuelle Überzeugungen keinen Raum bekommen.
Dazu gehört z.B. dass es im Gegensatz zum Leben in einer WG klare Hierarchien gibt. Die alteingesessenen Vorstandsmitglieder haben teils mehr Rechte, als Neulinge. Besonders in der Fuchsenzeit muss man sich deshalb diesen beugen.
Auch die Teilnahme an Veranstaltungen und Festen wird in manch einer Studentenverbindung vorgegeben. Das Tragen der Uniform und die Repräsentanz der Vereinigung gehören auch hier zu deinen potenziellen Pflichten. Gemeinschaftliche Aktivitäten bekommen dabei den Vorrang vor anderen Dingen. Die reine Anwesenheit ist dabei nur ein Teil deiner Pflichten. Auch die Organisation, die Bewirtung von Gästen und das Bekleiden weiterer Ämter müssen ausgeübt werden.
Beim Eintritt in eine schlagende Studentenverbindung kommt hinzu, dass die Mensur vorgeschrieben ist. Das bedeutet, dass du zusätzlich zu deinen Verpflichtungen auch Gefahr läufst dich zu verletzen. Die dadurch mögliche Narbe prägt dich nicht nur dein Leben lang, sondern zeigt auch nach außen unwiderruflich deine Zugehörigkeit zu einer Studentenverbindung.
Außerdem solltest du bedenken, dass du sehr viel Zeit und Energie in eine Studentenverbindung stecken musst. Dadurch entfallen möglicherweise Kontakte zu Personen außerhalb dieser Kreise. Dein Horizont bleibt also gewissermaßen beschränkt. Zudem wird von dir erwartet, dass du dich auch noch den Rest deines Lebens, v.a. finanziell, engagierst.
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Anlass zur Kritik?
Verbindungen müssen sich immer mal wieder Kritik gefallen lassen, die mit dem eigentlichen Hochschulleben nichts zu tun hat, da ihre politische und gesellschaftliche Einflussnahme in Deutschland weit weniger ausgeprägt ist als etwa in den USA.
Ein oft genannter Kritikpunkt ist „Frauenfeindlichkeit“. Da sich die Männerbünde der Tradition verpflichtet sehen, lässt auch heute noch die überwiegende Mehrzahl keine Frauen zu (außer auf Feiern), was gern mit der Historie begründet wird: Die ersten Studentenverbindungen wurden im späten 18. Jahrhundert gegründet, zu einer Zeit, in der Frauen noch gar nicht studieren durften. Das ist heute freilich längst überholt. Die Kritik ist auch weniger geworden, da die Zahl der „gemischten“ Verbindungen steigt und auch reine Damenverbindungen vor allem seit der Jahrtausendwende immer häufiger werden. Diese lassen übrigens in der Regel keine männlichen Mitglieder zu.
Ein weiterer Vorwurf bezieht sich auf die Seilschaftenbildung. Verbindungen „werben“ damit, dass man schon während des Studiums Kontakte fürs Leben aufbaut, dass man mit der Wirtschaft gut vernetzt ist durch Alte Herren in einflussreichen Positionen und in den Dachverbänden. Was für den jungen Studenten gut klingt, wird kritisch beäugt: Vetternwirtschaft wird oft vorgeworfen und ist gerade dann problematisch, wenn „Vitamin B“ über Qualifikation geht.
Hauptkritikpunkt, der immer wieder gern verallgemeinernd auf alle Verbindungen angewendet wird, ist Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus. Fakt ist: Ja, es gibt vereinzelt Verbindungen (vor allem im Bereich der Burschenschaften, die politisch aktiv sind), die mit Fremdenfeindlichkeit und explizit rechtsextremen Tendenzen aufgefallen sind. Allerdings gibt es in Deutschland zwischen 1500 und 2200 Studentenverbindungen und unter diesen bilden sie die Minderheit (die aber oft am meisten Aufmerksamkeit erregt).
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Fazit:
Studentenverbindungen sind eine Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und Freunde zu finden, gerade in einer fremden Stadt. Und sie sind eine gute Möglichkeit, ein günstiges Zimmer zu bekommen. Das sollte aber nicht der einzige Grund sein, einer Verbindung beizutreten. Wer es in Erwägung zieht, sollte sich im Klaren sein, dass Tradition, Konservatismus und feste Regeln dazu gehören.
Bildquelle Titelbild: Vielen Dank an Efraimstochter für das Titelbild (© Efraimstochter/pixabay.com).
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