Assessment-Center - Was ist das?

Assessment-Center - Was ist das?
Bewerbung, Vorstellungsgespräch, Einstellung. So sieht wohl der idealtypische Bewerbungsprozess aus – aus Sicht des Jobanwärters. Gerade wenn es um Führungspositionen geht, darf es für die Unternehmen auch gerne ein bisschen mehr sein. Je mehr Expertise später im Job gefragt ist, desto mehr möchte man über den Bewerber wissen. Das ist auch verständlich, schließlich will kein Unternehmen ein zeit- und kostenintensives Bewerbungsverfahren durchführen, um sich am Ende den Falschen ins Boot zu holen. Im schlimmsten Fall hat man dann viel Mühe und noch mehr Zeit in die Einarbeitung investiert, nur um nach wenigen Wochen die Kündigung auf dem Schreibtisch zu haben.

Aus diesem Grund haben Personaler und HR-Agenturen die sog. Assessment Center entwickelt. Diesem Thema wollen wir uns im Folgenden einmal widmen.

Was ist ein Assessment Center?


Das Assessment Center ist ein Auswahlverfahren während des Bewerbungsvorgangs – wie Vorstellungsgespräche, Einstellungstests oder Gesprächsrunden auch. Vermutlich wird ein AC auch all diese Dinge beinhalten, denn letzten Endes ist es ein umfangreicher Prozess, der aus mehreren Teilaufgaben besteht.

Vor allem größere Unternehmen führen Assessment Center durch. Startups, Kleinen und mittelständischen Firmen sind sie meistens zu kostspielig und aufwendig. Gerade wenn ihr später im Job eine Führungsposition mit Personalverantwortung übernehmt, kann es jedoch passieren, dass ihr auch von einem Mittelständler zu einem AC eingeladen werdet.

Assessment Center sind eher problem- als lösungsorientiert. Es werden nicht nur fachliche Kompetenzen geprüft – oft sind diese sogar eher zweitrangig. Vielmehr will man sehen, wie ihr euch in Zusammenarbeit mit anderen verhaltet und unter Stress arbeiten könnt. Sozial- und Methodenkompetenzen sind in diesem Auswahlverfahren daher besonders gefragt. Man könnte auch sagen: „Der Weg ist das Ziel.“ Das Gute ist, dass eure Lösung und die eurer Teamkameraden nicht immer zu einhundert Prozent die richtige sein muss, um bei der Beurteilung punkten zu können.

Übrigens: Laut statista.de ist das Assessment Center die dritt-häufigste Form des Bewerberauswahlverfahrens.

Assessment Center Statistik

Quelle: statista.de (2016): www.statista.com/statistik/daten/studie/409381/umfrage/auswahlverfahren-deutscher-unternehmen-bei-bewerbung-von-akademikern/

Wie lange dauert ein Assessment Center und wo findet es statt?


Meistens dauert ein Assessment Center 1-3 Tage. Als Standort wählen die Betriebe gern die eigene Unternehmenszentrale oder die Niederlassung, für die eine Position neu besetzt werden soll.

Viele Unternehmen haben ihre AC aber auch ausgelagert und überlassen deren Durchführung einer externen Beratungsagentur. Dann wird häufig ein Standort für das Auswahlverfahren gewählt, der nichts mit dem späteren Arbeitsplatz zu tun hat. Sind auch Übernachtungen anberaumt, eigenen sich beispielsweise Hotels oder Gasthäuser.

Welche Aufgaben erwarten mich beim Assessment Center?


Um ein möglichst gutes Bild von den Bewerbern zu bekommen, werden Aufgaben in Assessment Centern meistens so abwechslungsreich wie möglich gestaltet. Inhaltlich sind den Veranstaltern der Auswahlverfahren dabei kaum Grenzen gesetzt. Es gibt allerdings einige Klassiker unter den Aufgabenstellungen, von denen euch mit hoher Wahrscheinlichkeit einige erwarten werden.

Interviews


Euer potenzieller neuer Arbeitgeber will wissen, wer ihr seid. Aus diesem Grund werdet ihr mit Sicherheit zu eurer Person interviewt. Darüber hinaus könntet ihr zu eurer Meinung nach bestimmten Themenbereichen befragt werden. Das könnten beispielsweise aktuelle Debatten aus Politik & Wirtschaft sein. Hierbei gibt es weniger ein Richtig oder Falsch, allerdings ist manchmal etwas Zurückhaltung gefragt: Wenn eure ganz ehrliche Meinung dem Gegenüber sicher übel aufstößt oder ihr Extremsportarten, Glücksspiel oder andere bedenkliche Aktivitäten zu euren Hobbys zählt, behaltet diese lieber erst einmal für euch.

Gruppendiskussionen


Während ihr bei den Interviews allein im Mittelpunkt steht, bestreitet ihr die Gruppendiskussion gemeinsam mit anderen Bewerbern. Die Regel: „Schweigen ist Gold“, gilt hier sicher nicht. Wenn ihr gar nichts sagt, werdet ihr höchstwahrscheinlich auch für die jeweilige Stelle als zu zurückhaltend eingestuft und vertut wahrscheinlich eure Chance auf den Job.

Dennoch kann es nicht das Ziel sein, sich bei jeder Frage und/oder Äußerung durch ein gesalzenes Statement in den Vordergrund zu drängen. Nehmt eure Gesprächspartner mit, hört ihnen zu, lasst sie ausreden und geht auf ihre Argumentationen ein. Wenn ihr sichtbar falsch liegt, lenkt ein und gesteht euren Trugschluss – so registrieren die Betreuer, dass ihr kritikfähig seid.

Rollenspiele


Da es bei dem Auswahlverfahren darum geht, den idealen Bewerber für eine bestimmte, meist höhere, Position zu finden, macht es Sinn, eine praxisnahe Situation zu simulieren. Rollenspiele sind dafür am besten geeignet.

Oft übernehmt ihr die Rolle eines Vorgesetzten und stellt euch der Diskussion mit einem Recruiter, dieser mimt einen Angestellten, Bewerber, Kollegen oder Kunden. Hier sind vor allem Soft Skills wie Durchsetzungskraft, Einfühlungsvermögen und Verhandlungsgeschick gefragt.

Postkorbübungen


Hinter dem Begriff Postkorbübung verbirgt sich ein echter Evergreen unter den Aufgaben im Assessment Center. Zumindest früher war der Name tatsächlich Programm: Man bekam einen Postkorb mit einer bestimmten Anzahl verschiedener Dokumente und musste diese in einer vorgegebenen Zeit bearbeiten, delegieren oder zu den Akten legen.

Heute ist der namensgebende Korb nicht mehr unbedingt Bestandteil der Übung, die von euch geforderten Kernkompetenzen sind aber noch immer die Gleichen: Konzentration, analytisches Denken, Arbeitsorganisation und Stressresistenz.

Eure Aufgabe kann auch einen Bezug zur späteren Stelle haben. Wird zum Beispiel eine zusätzliche Fachkraft für Lagerlogistik gesucht, könnte die Aufgabe lauten, die Ein- und Auslagerung eines Depots sinnvoll zu terminieren. Oft sind die vorgegebenen Bearbeitungszeiten so knapp bemessen, dass die Aufgaben gar nicht zu schaffen sind – ein weiterer Stressfaktor.

Assessment Center Postkorbübung
©geralt/pixabay.com

Kann man sich auf das Assessment-Center vorbereiten?


Im vorherigen Abschnitt habt ihr schon einmal einen Vorgeschmack auf das bekommen, was euch bei einem Assessment Center an Aufgaben begegnen kann. Ihr fragt euch jetzt vielleicht, ob es irgendeine Möglichkeit zur Vorbereitung gibt. In Kurzversion: Ja, die gibt es.

Reflektiert euch selbst


Bei der Vorbereitung für ein AC fangt ihr am besten bei euch selbst an. Ihr solltet wissen, worin eure Stärken und Schwächen liegen und wo ihr im (Berufs-)Leben noch hin möchtet. Darüber hinaus macht es Sinn, sich ein paar Gedanken über die Stelle zu machen, auf die ihr euch beworben habt – bei Fragen diesbezüglich keine Antwort parat zu haben, ist wie im Vorstellungsgespräch ein No-Go. Sicher gab es Punkte, die für genau dieses Unternehmen gesprochen haben. Waren es die Region, die Produkte und/oder die Philosophie? Wer sich über diese Themen keine Gedanken macht, wirkt desinteressiert und erweckt nicht den Eindruck, als wäre er für das Unternehmen ein echter Gewinn.

„Google is your friend“


Das ist durchaus ernst gemeint. Bei der Vorbereitung auf ein Assessment Center ist das Web eure erste Adresse für Übungen und Hinweise. Recherchiert auch Erfahrungsberichte vorangegangener Bewerber, nach Möglichkeit natürlich für das jeweilige Unternehmen. Dies gewährt euch einen Einblick in die Abläufe eines AC und nimmt dem Unbekannten sicher seinen Schrecken. Denn sind wir doch mal ehrlich: Nicht zu wissen, was auf einen zukommt, ist sicherlich schlimmer als die Sache selbst.

Tauscht euch aus


Die Einladung zu einem Assessment Center ist zumindest ein kleiner Teilerfolg, den ihr nicht für euch behalten solltet – teilt euch ruhig mit! Vielleicht finden sich im Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis Menschen, die schon ein oder mehrere Auswahlverfahren durchlaufen haben. Auch hier könnt ihr noch einmal nützliche Tipps zur Vorbereitung und zum Ablauf erhalten.

Es gibt auch professionelle Hilfe


Consulting-Agenturen veranstalten nicht nur Assessment Center, sie bereiten einen auch auf selbige vor. Dazu bieten sie Kurse an, die realen AC nachempfunden sind. Sicherlich ist dies keine schlechte Maßnahme, für die man aber in der Regel drei- bis vierstellige Beträge in die Hand nehmen muss.

Da Studenten finanziell meist eher klamm sind, ist dies eher selten eine Option. Ihr könntet euch allerdings an euren Career Service eurer Hochschule oder auch an Fach-, Abend oder Volkshochschulen in eurer Nähe umhören, ob entsprechende Seminare bzw. Workshops zu Assessment Centern angeboten werden. Diese sind meistens erschwinglich und liefern einen ähnlichen Informationsgehalt. Auch Webseminare können eine Option sein.

Assessment Center Seminar
©StartupStockPhotos/pixabay.com

No-Gos beim Assessment Center


Bei einem Assessment Center kann man, wie in jedem anderen Auswahlverfahren auch, eine ganze Menge falsch machen. Es folgt eine Liste der größten Don’ts, die ihr unbedingt vermeiden solltet, wenn ihr euch während und nach dem AC reelle Chancen auf die Stelle erhofft.

Sich verstellen


Ja, Rollenspiele können, wie bereits erwähnt, Teil eures Assessment Centers sein. An anderer Stelle solltet ihr aber stets ihr selbst sein. Wenn ihr euch verstellt, weil ihr der Meinung seid, ihr würdet auf die Art besser in das gesuchte Profil passen, dann unterliegt ihr einem Irrtum.

Allein schon, weil das AC meist mehrere Tage dauert, ist es kaum möglich, irgendeine Fassade aufrecht zu erhalten. Und spielen wir das Spiel nur einmal weiter: Angenommen ihr bekommt die Stelle, weil ihr für wenige Tage erfolgreich vorgetäuscht habt, ihr würdet eine Sache sehr gut und mit großer Freude meistern. In Wahrheit behagt euch diese Tätigkeit aber überhaupt nicht oder ihr verabscheut sie sogar. Meint ihr, ihr könntet in eurem neuen Job glücklich werden, wenn diese Angelegenheit plötzlich Teil eures Arbeitsalltags ist? Wohl kaum.

Sich und anderen etwas vorzumachen bringt keiner Seite etwas.

Alkohol- und übermäßiger Zigarettenkonsum


Das Assessment Center läuft – auch während der freien Zeit. Gerade bei mehrtägigen AC sind meistens gemeinsame Mahlzeiten und andere Aktivitäten vorgesehen. Dabei verzichtet ihr idealerweise gänzlich auf Alkohol und Zigaretten. Raucher sollten sich zumindest maßregeln und immer im Hinterkopf haben, dass der Geruch von Zigarettenqualm andere belästigen kann.

Alkohol sollte sich höchstens auf eine Weinschorle oder ein einziges Bier am Abend beschränken – und das auch nur dann, wenn ihr nicht allein trinkt.

Andere nachahmen


Dieses No-Go beim Assessment Center ließe sich wohl gut mit Punkt #1 verbinden. Natürlich könnt ihr gerade bei Selbstpräsentationen andere für gut befinden und – sofern ihr die Möglichkeit bekommt – auch mal ein Lob aussprechen. Denjenigen oder Diejenige dann jedoch zu kopieren, ist nicht zu empfehlen.

Ihr müsst euch selbst ein Alleinstellungsmerkmal herausarbeiten. Denn selbst wenn eure Nachahmung überzeugend ist, und das ist selten der Fall, seid ihr dann noch immer nur so gut wie jemand anderes.

Aggressiv werden


In Gruppendiskussionen kann es ziemlich zur Sache gehen. Das Auswahlverfahren wird wohl kaum eine Debatte beinhalten, bei der von Beginn an Einigkeit herrscht. Vielmehr wählen die Veranstalter ganz bewusst sensible Themen, bei denen es eine Reihe von Reibungspunkten gibt.

In Konfliktsituationen gilt es, Ruhe zu bewahren. Wer bei direkten oder persönlichen Angriffen die Fassung verliert, verliert eventuell auch Sympathien bei den Betreuern und wird negativ beurteilt.

Unorganisiert arbeiten


Gerade bei der Postkorbübung ist die Organisation und Struktur der Aufgabenbewältigung wichtig – das gilt aber nicht nur dort. Auch wenn die Zeit drängt, nehmt euch einen Augenblick, um über das nachzudenken, was ihr tut. Wer unorganisiert arbeitet, neigt eher zu Fehlern, die wiederum Zeit kosten oder das Ergebnis beeinträchtigen.

Keinen Blickkontakt halten


Blickkontakt ist wichtig. Das gilt natürlich vor allem dann, wenn ihr gerade eine Präsentation haltet. Doch auch wenn ihr nicht im Mittelpunkt des Geschehens steht, solltet ihr nicht auf den Boden starren oder aus dem Fenster sehen. Andernfalls wirkt ihr desinteressiert.
Auch wenn es für viele eine Horrorvorstellung ist, nicht alle 30 Minuten das Smartphone in die Hand zu nehmen, aber: Das Handy ist selbstverständlich genauso ein Tabu bei den Vorträgen anderer.

Sich festbeißen


Unternehmerisch Denken heißt auch, das große Ganze zu sehen. Das solltet ihr auch tun, wenn ihr erfolgreich aus einem Assessment Center hervorgehen wollt. Sich an kleinen Details festzubeißen kostet womöglich Zeit, die ihr nicht habt. Bei Gruppenarbeiten kann mitunter die Dynamik des ganzen Teams leiden, wenn ihr zu sehr auf Kleinigkeiten behaart. Manchmal empfiehlt es sich, eine Baustelle erst einmal auszulassen und weiterzuarbeiten. Hat man am Ende noch Zeit, kann man sich der Sache später noch einmal zuwenden.

Keine Fragen stellen


Den letzten Punkt unserer Liste der No-Gos beim Assessment Center hatten wir schon einmal an anderer Stelle, doch er ist zu wichtig, um ihn deshalb nicht nochmal hier aufzuführen.
Wollt ihr einen möglichst interessierten Eindruck erwecken, müsst ihr Fragen stellen! An angebrachter Stelle, z.B. während des Interviews oder bei der Vorstellung des Unternehmens, können die gerne über die Aufgaben des Auswahlverfahrens hinausgehen und sich direkt auf den potenziellen Arbeitgeber beziehen. Weiterbildungs- und Aufstiegschancen oder der Ablauf der Einarbeitung in die neue Stelle sind Dinge, die ihr thematisieren könntet.

Assessment Center Fragen stellen
©geralt/pixabay.com

Assessment Center Beispielaufgabe: „Das NASA-Spiel“


Wir finden, dass wir nicht über mögliche Aufgabentypen und Vorbereitungstechniken reden können, ohne euch nicht mindestens eine vernünftige Beispielaufgabe zu liefern.
Das folgende ist eine Gruppenübung. Ihr könnt euch ja allein oder während der nächsten Lerngruppe daran versuchen. Wir wünschen viel Erfolg ;-)

Das NASA-Spiel:

Aufgabe:
Auf einer Mondmission stürzt dein Raumschiff auf dem Mond ab. Dein Raumschiff landet 200 Kilometer vom Mutterschiff entfernt. Du befindest dich auf der von Sonne beleuchteten Seite des Mondes. Bei dem Absturz sind nur noch fünfzehn Gegenstände intakt geblieben. Bewerte die Wichtigkeit der fünfzehn Gegenstände für euer Überleben (1 sehr wichtig, 15 eher unwichtig).

Die Gegenstände:

• Signalraketen
• 2 Pistolen
• Lebensmittelkonzentrat
• Heizgerät
• Magnetkompass
• Streichhölzer
• UKW-Sender und –Empfänger
• Sauerstoffflaschen
• selbst-aufblasendes Rettungsboot
• Erste-Hilfe-Koffer
• 20 Liter Trinkwasser
• Nylonseil
• Stellar-Atlas (zur Bestimmung der Mondkonstellation)
• Fallschirmseide
• Trockenmilch

Quelle: www.trendspots.de/assessment-center-das-nasa-spiel/

Ihr wollt wissen, ob ihr richtig liegt? Dann ladet euch hier die Lösung runter!

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Danke für das Foto:
sxc.hu - cobrasoft


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