Twitter im Unterricht – Das UNESCO-Programm für Schulen

Twitter im Unterricht – Das UNESCO-Programm für Schulen
Twitter im Unterricht, es gibt wohl nicht Wenige, die darin einen Widerspruch sehen könnten. Aber auch nicht Wenige, die sagen würden: Wenn es hilft, den Unterrichtsstoff wirkungsvoll zu vermitteln, dann her damit. Nach dem Motto: „Wer heilt, hat recht!“.

Warum nicht twittern im Unterricht?


Die Social-Media-Plattform Twitter ist ein Phänomen, das kann man nicht abstreiten. Die Macher haben sich geschickt derer Mechanismen bedient, die in einer digitalen Welt zum Erfolg führen; jeder mit einem Internetanschluss kann von überall aus mitmachen. Die Plattform bedient sich dabei der einfachen Tatsache, dass Menschen soziale Wesen sind, die sich mitteilen wollen und auf Anerkennung ausgelegt sind.

Die Schwellen der Mitteilungsfähigkeit sind bei Twitter niedrig angelegt, sodass jeder Mensch seine Gedanken der Welt kurz und ungefiltert vorzeigen kann. Und die Erfinder haben den wohl unterschwelligsten menschlichen Kommunikations-Mechanismus beigefügt, den es gibt: die Like-Funktion. Die Freude über einen gelungenen Tweet ist groß. Man sollte hierbei nicht übersehen, dass Twitter diese erzeugten, positiven Gefühle für sich nutzt, um Daten abzugreifen, die Nutzer an die Plattform zu binden und darüber den Belohnungskreislauf permanent aufrecht zu erhalten. Das geht so weit, dass es schon eine Sache geworden ist, von Social-Media-Diäten zu sprechen. Menschen stellen fest, dass es sich gut anfühlt, aus diesen nur kurzfristig belohnenden Kreisläufen für eine Weile auszusteigen.

„Global Citizenship Education“ via Twitter?


Der sicherlich stimmigen Kritik zum Trotz hat die UNESCO entschieden, dass der Kurznachrichtendienst Twitter in das Schulcurriculum übernommen werden soll. Das erscheint im Sinne ihrer Ziele folgerichtig. Zu diesen Zielen gehört es, für den digitalen, globalen Bürger ein Erziehungs-Programm aufzustellen. Unter dem Begriff Medien- und Informationskompetenz und seinem pädagogischen Zusatz digitales Klassenzimmer hat die UNESCO eine Twitter-Bedienungsanleitung für den Unterricht verfasst. Darin scheint immer wieder durch, dass die Organisation sehr genau verstanden hat, wie die Plattform für den eigenen Aktivismus instrumentalisiert werden kann.

Dass Social-Media-Plattformen genutzt werden können, um Gesellschaften zu verändern, hat spätestens der ‚arabische Frühling‘ gezeigt. Auch wenn das Resultat desselben wohl nicht als gelungen bezeichnet werden kann, der Social-Media-Einfluss war tragend. Twitter selbst hat sich in Bezug auf gesellschaftlichen Wandel immer wieder auch positiv hervorgetan. Die #-Bewegungen sind zu einem emanzipatorischen Mittel geworden, das denjenigen eine Stimme gibt, die über die klassischen Wege der Mitteilung via Journalismus oder gar Justiz kein Gehör finden. Dabei entfaltet der einfache und direkte Zugang zu einer großen Öffentlichkeit seine ganze Wirkung.

Nicht wenige Menschen waren erstaunt und empört über die Zustände in der Filmindustrie, die #metoo ans Tageslicht gebracht hat. Die fortlaufende Aktualisierung der Berichte betroffener Menschen zeigte vor allem eines: Das Problem durchzieht die ganze Gesellschaft. Twitter wurde das Medium, das gesellschaftliche Missstände in die Öffentlichkeit transportiert. Eigentlich die genuine Aufgabe des klassischen Journalismus. Da verwundert es auch nicht, dass Journalisten Twitter zunehmend für sich als Informationsquelle nutzen und sich darüber untereinander vernetzen.

Deshalb Twitter im Unterricht?


Bemerkenswert ist, dass in der gesamten Publikation: „Unterrichten und Lernen mit Twitter“ über die Liaison zwischen UNESCO und Twitter kein einziges kritisches Wort verloren wird. Und das, obwohl eines der Prinzipien der „Global Citizenship Education“ explizit darauf abzielt, kritisch zu betrachten: „wie Medien und technologische Plattformen ihre Macht geltend machen“. Wahrscheinlich soll diese Selbstreflektion als ausgelagert in den Unterricht verstanden werden. Denn das Argument, dass Plattformen wie Twitter nun einmal zu den Tatsachen des Lebens im digitalen 21. Jahrhundert gehören und dass man es dann doch auch für auserkoren gute Zwecke nutzen sollte, immunisiert nicht vor dieser Kritik.

twitter im unterricht

Doch was sind die Prinzipien des Unterrichtes mit Twitter?


Hier sollen kurz die Prinzipien des Unterrichtens mit Twitter vorgestellt werden - dies könnte vor allem für Lehramt-Studierende interessant sein:

Prinzip 1, paraphrasiert: Die Schüler sollen lernen, Probleme des realen Lebens zu analysieren und einfallsreiche Lösungen zu finden. Wie kann das über Twitter gemacht werden? Die UNESCO schlägt dazu vor, ausgewählten Diskussionen auf der Plattform zu folgen. Nun kann man sich darüber streiten, ob 280 Zeichen ausreichen, um Probleme des realen Lebens sinnvoll zu beschreiben. Überhaupt ist unklar, was genau in diesem Format abgebildet wird und werden kann, von geistreichen Limericks und Memes abgesehen. Allerdings taugt Twitter im Unterricht sicherlich als Anregung für eine lehrreiche Diskussion über diese Formen des Ausdrucks und der Grenzen der Darstellung realer Probleme des Lebens.

Prinzip 2, paraphrasiert: Die Schüler sollen lernen, Annahmen, Weltbilder und Machtbeziehungen in Mainstream-Diskussionen zu überdenken. Und sie sollen auf unterrepräsentierte Menschen und Gruppen aufmerksam gemacht werden.

Prinzip 3, paraphrasiert: Die Schwerpunkt soll für die Schüler darauf gelegt werden, individuell und gemeinsam in Aktionen die gewünschten Veränderungen im Sinne der UNESCO zu ermöglichen.

Prinzip 4, paraphrasiert: In den Lernprozess sollen verschiedene Interessenvertreter mit einbezogen werden, auch aus der Gemeinde und dem weiteren Umfeld der Gesellschaft.
Das ist, je nach Willen der Angesprochenen via Twitter, dann doch erstaunlich leicht zu realisieren. Wann kann man sich schon Mal im realen Leben mit Neil deGrasse Tyson unterhalten? Eine derart direkte Kommunikation mit den öffentlichkeitswirksamen Heroen der Wissenschaft hat natürlich etwas für sich. Für einen Schüler sicher wunderbar, für einen Lehrer sicher kein Vergnügen, wenn ihm ein Schüler in Physik widerspricht mit dem Hinweis, gerade einen Tweet von deGrasse Tyson bekommen zu haben, der inhaltlich dem Unterricht widerspricht.

Prinzip 5, paraphrasiert: Das letzte der Prinzipien ist eher eine Zusammenfassung der erhofften Resultate aus den vorhergehenden Prinzipien. Es enthält die Bemerkung, dass der Lernprozess einige Zeit braucht und abgeschlossen ist, wenn: “… der Lernende sich Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen angeeignet hat, wenn er auf Informationen zugreifen, sie bewerten und nutzen kann sowie fähig ist, Inhalte zu Informationen, Medien und Technologie zu kommunizieren“.

Fazit
Selbst wenn die UNESCO für das hehre Ziel der „Global Citizenship Education“ alle Wege nutzen will, um ihre Vorstellungen zu verbreiten, so heilt doch der Zweck nicht alle Mittel. Die Liaison mit dem Großunternehmen Twitter Inc. ist auch deshalb kritisch zu sehen, da hier eine direkte Produktwerbung in den Unterricht integriert werden soll für ein Produkt, dessen pädagogischer Mehrwert alles andere als offensichtlich ist. Andererseits ist der Ansatz, Soziale Medien mit in den Unterricht zu integrieren, erst einmal ein löblicher. Doch das Hinterfragen und Kritisieren darf hierbei nicht zu kurz kommen.

Bildquelle Vielen Dank an Clker-Free-Vector-Image©pixabay.com, William Iven©pixabay.com

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