Im Studium ungerecht benotet was tun?

Im Studium ungerecht benotet was tun?
Studien belegen, dass der Notendurchschnitt deutscher Studierender immer besser wird. Doch von Universität zu Universität unterscheiden sich die Durchschnittsnoten der Studis der gleichen Studiengänge enorm. Diese Tatsache ist das erste Anzeichen dafür, dass an Hochschulen häufig unterschiedlich und ungerecht benotet wird.

Natürlich können einzelne Studierende keinen Vergleich zu anderen Hochschulen ziehen, man kann aber auch etwas gegen ungerechte Benotung unternehmen. Falls dich dieses Problem gerade beschäftigt und du dir sicher bist, dass du ungerecht benotet wurdest, erklären wir, von der uniturm.de-Redaktion, wie du jetzt am besten Vorgehen solltest und welche Schritte in die Wege zu leiten sind, um deine Note deiner Leistung anzupassen.

Ungerecht benotet: wie vorgehen?



Wenn stundenlange Lernerei, schlaflose Nächte und die Prüfungsangst vor der Klausur sich lohnen und man mit einer guten Note aus der Prüfung geht, sind die Anstrengungen ganz vergessen. Es hat sich ja rentiert.

Bei einer schlechten Note, mit der man nicht gerechnet hat oder dem Nichtbestehen der Prüfung fallen viele Studierende aus allen Wolken. Wie kann das sein? Das Gefühl nach der Klausur war doch so gut. Zweifel kommen auf, ob diese Benotung wirklich mit rechten Dingen zuging. Wenn auch dir solche Bedenken kommen, solltest du, bei einer schriftlichen Klausur, unbedingt einen Antrag auf Akteneinsicht stellen, damit du sie dir noch einmal genau ansehen kannst. Bist du dann immer noch überzeugt davon, dass du ungerecht benotet wurdest, kannst du in drei Schritten vorgehen.

1. Das Gespräch mit dem Dozenten bzw. der Dozentin suchen
2. Widerspruch beim Prüfungsausschuss einlegen
3. Juristische Schritte in Erwägung ziehen


Was in deine Situation das Beste ist und unter welchen Bedingungen du welchen Schritt gehen solltest, darauf wird im folgenden Text genauer eingegangen.

Das Gespräch mit dem Dozenten bei ungerechter Benotung suchen



Der erste und einfachste Weg ist meist, einfach das Gespräch mit dem Dozenten bzw. der Dozentin zu suchen. Du solltest mit einer guten, vorbereiteten Argumentation in die Sprechstunde gehen, sodass du ihm oder ihr detailliert belegen kannst, weshalb du ungerecht benotet wurdest. Literatur und wissenschaftliche Quellen, die deine Argumente belegen, wären an dieser Stelle von großem Vorteil.

Wenn du gut argumentieren kannst und dem Dozenten Fakten vorlegst, wird er sich auf jeden Fall zumindest auf eine erneute Überprüfung deiner Klausur einlassen.

Widerspruch beim Prüfungsausschuss einlegen



Wenn der Dozent bzw. die Dozentin sich nicht überzeugen lässt und an der schlechten Note festhält, empfehlen wir dir beim Prüfungsausschuss Widerspruch einzulegen. Damit dir eine Wiederholung der Klausur oder Neubewertung der Hausarbeit gewährleistet wird, musst du den Prüfungsausschuss mit einem argumentativen Schreiben überzeugen.

An dieser Stelle können spezifische Bewertungsfehler, aber auch Verfahrensfehler aufgezählt werden. Was das genau ist, dazu kommen wir später. Auch das erfolglose Gespräch mit dem Dozenten bzw. der Dozentin sollte in diesem Schreiben erwähnt werden.

ungerecht benotet

Rechtliche Schritte einlegen, wenn man ungerecht benotet wurde



Falls der Prüfungsausschuss deinen Widerspruch ebenfalls ablehnt und dir weder die Chance auf Wiederholung der Klausur noch auf eine Neubewertung gegeben wird, hast du immer noch die Möglichkeit, juristische Schritte in die Wege zu leiten. Bevor du in das Beratungsgespräch mit einem Anwalt gehst, solltest du Folgendes erledigen:

1. Gedächtnisprotokoll anfertigen: Vor allem bei praktischen oder mündlichen Prüfungen, bei denen man die Note meist direkt im Anschluss erfährt, ist dies zu empfehlen. Schreibe alles auf, woran du dich erinnerst, zum Beispiel Fragen, Antworten, Uneinigkeiten und Fehler, die du gemacht hast. Auch bei schriftlichen Klausuren ist dies zu empfehlen. Vermerken kann man beispielsweise, wann genau die Arbeitsblätter verteilt wurden, welche Fragen ungenau oder widersprüchlich gestellt wurden, welche äußeren Einflüsse dich eventuell gestört haben und so weiter.

2. Akteneinsicht fordern: Solltest du deine bewertete Klausur nicht schon längst eingesehen haben, ist es spätestens an dieser Stelle enorm wichtig. Du darfst jederzeit eine Klausur einsehen, das ist dein gutes Recht!

3. Schriftliche Begründung der Bewertung einfordern: Diesen Schritt solltest du generell, bei mündlichen und praktischen Prüfungen, direkt in die Wege leiten. Die Begründung der Prüfer kann dann zum Beispiel mit deinem Gedächtnisprotokoll oder, bei schriftlichen Klausuren, mit deinen Antworten verglichen werden.

4. Ausarbeitung der Verfahrens- und Bewertungsfehler: Wenn du Einsicht in deine bewertete Klausur erhalten hast, stelle schriftlich und detailliert dar, an welcher Stelle Bewertungsfehler vorliegen und in welchem Momenten des Bewertungsverfahrens Fehler und Störungen aufgetreten sind.

5. Form- und Fristgemäßes Einlegen der Klage: Damit du dir später nicht selbst ein Bein stellst, ist es wichtig, dass du dich darüber informierst, ob deine bisherigen Schritte allen Fristen und Formen gerecht geworden sind. Vor Einreichen einer Klage, solltest du dich unbedingt über die Länge des Zeitraums informieren, in dem dies möglich ist.


Wenn du den juristischen Weg wählst, solltest du dir zu 100% sicher sein, dass du ungerecht benotet wurdest, denn ein Gerichtsverfahren kann teuer werden. Eine Beratung beim Anwalt kann bereits 250€ kosten. Wenn du in einer Verhandlung beispielsweise die Note deiner Bachelorarbeit anfechtest und verlierst, kann es sein, dass Kosten in Höhe von 5.000€ auf dich zu kommen.

Durch Bewertungs- und Verfahrensfehler ungerecht benotet werden



Bewertungs- und Verfahrensfehler wurden bereits mehrfach erwähnt. Du solltest bei der Einsicht deiner bewerteten Klausur oder beim Durchgehen deines Gedankenprotokolls zur mündlichen Prüfung eigeninitiativ nach solchen Fehlern suchen.

Selbstverständlich wird, falls du einen Anwalt hinzuziehst, dieser ebenfalls die Klausur nach solchen Fehlern durchforsten. Damit du weißt, nach welchen Kriterien du Ausschau halten kannst, haben wir eine kleine Aufzählung der häufigsten Bewertungs- und Verfahrensfehler für dich zusammengestellt:

Bewertungsfehler bei der Prüfung


Diese Fehler fassen alles zusammen, was der Prüfer bei der Bewertung falsch gemacht hat oder was Einfluss darauf gehabt haben könnte. Dazu gehören beispielsweise:

Missachtung vom Antwortspielraum des zu Prüfenden: Im Prüfungsrecht wird eindeutig betont: „Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründetet Lösung darf nicht als falsch gewertet werden“. Wenn eine Frage also zum Beispiel etwas offener gestellt wurde und der Prüfer auf etwas anderes hinaus wollte als der Prüfling, die Antwort aber trotzdem richtig auf die Frage zutrifft, hat der Prüfer die Pflicht, den Antwortspielraum des Studenten zu berücksichtigen.

Tatsachen werden bei der Prüfungsbewertung nicht berücksichtigt: Es kann jedem mal passieren, dass er etwas übersieht oder nicht wahrnimmt, auch deinem Dozenten. Deswegen kann es vorkommen, dass er Fakten übersieht oder nicht berücksichtigt, die eigentlich entscheidend für die Bewertung der Klausur sind.

Sachfremde Einflüsse: Auch Dozierende sind nur Menschen, trotzdem sollten sie in ihrer Position als Prüfer persönliche Emotionen außen vor lassen. Dass der Dozent dich nicht mag, weil du beispielsweise unhöflich ihm gegenüber warst, ist keine Begründung für eine schlechte Note.

Dozentin ist parteilich: Dieser Fehler ist schwer nachzuweisen. Anders als durch sachfremde Einflüsse gibt es manchmal keinen Grund für Antipathie. Gut wäre es an dieser Stelle, Zeugen in bestimmten Situationen zu haben, in denen sich die Dozentin ohne jeglichen Grund unfair dir gegenüber verhalten hat.

Fehlerhafte und ungenaue Aufgaben: Vor allem bei Multiple-Choice-Klausuren kommt es nicht selten vor, dass Fragen ungenau oder sogar falsch gestellt werden. Wenn deine Antwort, den Vorstellungen des Prüfers dann nicht entspricht, darf er dich nicht ungerecht benoten.

Zwei-Prüfer-Prinzip: Das Zwei-Prüfer-Prinzip gilt an allen Hochschulen. Wenn dein Dozent also nicht nachweisen kann, dass ein zweiter unabhängiger Prüfer die Klausur ebenfalls korrigiert hat, wird sie auf jeden Fall neu bewertet oder du darfst sie wiederholen.


Verfahrensfehler bei der Prüfung


Folgende Verfahrensfehler können während der Prüfung auftreten:

Ungleichberechtigung: Artikel 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland besagt, dass alle Menschen unabhängig von Geschlecht, Rasse, Abstammung, Sprache, Herkunft, Glaubens oder politischer Einstellung gleichberechtigt sind. Solltest du, und andere Studierende ebenfalls, das Gefühl haben, dass dein Dozent dich aus einem dieser Gründe ungerecht benotet und behandelt, dann spreche dieses Problem auf jeden Fall an beziehungsweise schreibe es auf.

Unzumutbare Prüfungsbedingungen: Wenn die Prüfungsbedingungen einfach unzumutbar waren zum Beispiel durch Lärm, technische Störungen oder ähnliches, dann vermerke dies auf jeden Fall. Als Studierender hast du ein Recht darauf, deine Prüfungen in Ruhe und ohne Zwischenfälle zu bewältigen. Falls dir so etwas bereits während der Prüfung auffällt, dann mache eine Notiz auf deinem Klausurbogen, nur für den Fall der Fälle.

Ungeeignetheit von Prüfer*innen: Nicht selten kommt es vor, dass die Personen, die während der Klausur Aufsicht haben, keine Ahnung von der Prüfungsmaterie haben und selbst Fragen wie: „Darf man tabellarisch antworten?“ nicht beantworten können. Sollte dies der Fall sein, führe es ebenfalls in deiner Fehlerliste auf.

Prüfungszeit: Achte schon während der Klausur darauf, dass ihr die gesamte Prüfungszeit ausnutzen dürft. Auch wenn der Prüfer die Arbeitsblätter zu spät austeilt oder minutenlang über den Ablauf der Klausur spricht, steht euch die angegebene Prüfungszeit zu.


Die aufgeführten Fehler sind natürlich nur ein grober Überblick der Ungerechtigkeiten, die dir bei einer Bewertung widerfahren können. Haltet auch alle anderen Auffälligkeiten fest. Wenn ihr gute Freunde in eurem Studiengang habt, ist es zum Beispiel auch möglich, beide Klausuren einzusehen und die Bewertungen miteinander zu vergleichen.

Wenn dir während oder vor der Prüfung etwas auffällt, dann schreibe es auf den Klausurbogen. So kannst du, falls es später nötig ist, beweisen, dass dir bestimmte Dinge bereits in der Prüfungssituation aufgefallen sind.

Fazit
Falls du also irgendwann das Pech haben solltest ungerecht benotet zu werden, friss den Frust nicht in dich hinein sondern suche Konfrontation. Deine Note ist nicht in Stein gemeißelt und die (meisten) Dozierenden sind keine Unmenschen. Meistens lässt sich die Sache bereits in den ersten Schritten klären und der juristische Weg kann vermieden werden.

Bildquellen: Vielen Dank an PDPics und advogadoaguilar ©www.pixabay.com

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