Wegen Corona: Studierende nehmen fast 1 Milliarde Euro Schulden bei der KfW auf

Wegen Corona: Studierende nehmen fast 1 Milliarde Euro Schulden bei der KfW auf
Noch immer hat die Corona Pandemie Deutschland fest im Griff, sogar noch stärker als im Frühjahr 2020. Der neuerliche Lockdown geht schwer zu Lasten der Wirtschaft und kostet insbesondere im Einzelhandel, dem Hotel- und Gaststättengewerbe, in der Reisebranche und im Kulturbetrieb zahlreiche Menschen ihren Arbeitsplatz.

Auch Studierende trifft die Corona Pandemie hart. Nicht nur das digitale Sommer- und Wintersemester stellte sie vor neue Herausforderungen – viele sahen sich auch in ihrer Existenz und der Finanzierung ihres Studiums durch Corona bedroht. Aus einem Schreiben des Bundesbildungsministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages ging nun hervor, dass Studierende während der Krise fast 1 Milliarde Euro Schulden bei der KfW aufgenommen haben. Wurden die Studierenden in der Corona Krise vergessen?

Was ist die KfW?


Die KfW, kurz für „Kreditanstalt für Wiederaufbau“, ist eine 1948 gegründete Förderbank. Als solche handelt sie im Gegensatz zu Geschäftsbanken im öffentlichen Auftrag und bietet spezielle Programme mit finanziellen Angeboten für gesellschaftsrelevante Bereiche an, wie z.B. den Umweltschutz, den Bildungssektor oder der Infrastruktur. Auf ihrer Website heißt es, ihr Ziel sei es „Menschen, Länder und Institutionen, die weiterdenken – und dadurch die Gesellschaft voranbringen“, zu fördern.

In dieser Funktion bietet die KfW auch einen Studienkredit für Studierende, der auch jungen Menschen in schwierigen finanziellen Lagen ein Studium ermöglichen soll. Das Konzept ist simpel: Die KfW bewilligt dir monatliche Zuschüsse, die du inklusive Zinsen nach und nach zurückzahlen musst. Der entscheidende Nachteil: junge Menschen häufen schon früh Schulden an und je länger die Begleichung dieser dauert, desto mehr Zusatzkosten durch Zinsen fallen an.

Deshalb ist ein Studienkredit für Studierende meist nur die letzte Lösung und die Abschlüsse des KfW-Studienkredits haben während der letzten Jahre stetig abgenommen. Von Mai bis September 2020 wurden nun aber rund 30.800 Anträge auf einen KfW-Studienkredit in einer Gesamthöhe von 919,6 Millionen Euro gestellt – fast vier Mal so viel wie im selben Zeitraum des Jahres zuvor. Das liegt wohl auch daran, dass die Bundesregierung den KfW-Studienkredit als Nothilfe für Studierende in der Corona Krise stark gemacht hat.

Wie der KfW-Studienkredit und die Soforthilfen vom Bund Studierenden durch die Krise helfen sollen


Analog zu den ca. 50 Milliarden Euro Corona-Hilfen des Bundes für die Wirtschaft, gibt es seit Sommer 2020 auch ein Soforthilfen-Programm des Bundesbildungsministeriums für Studierende. Die Voraussetzungen zur Beantragung dieser Hilfen sind jedoch äußerst hart. Antragsstellende dürfen nicht mehr als 500€ auf ihrem Konto haben und müssen schwere finanzielle Einbrüche durch die Corona Pandemie nachweisen. Wer also mehr als 500€ Miete zahlt und das Geld dafür schon auf dem Konto hat, würde keine Soforthilfen vom Bund bekommen. Außerdem läuft das Programm schon im März 2021 aus. Noch kann aber keiner sagen, wie sich die Krise bis dahin entwickelt.

Das Bundesbildungsministerium verwies Studierende deshalb stets auf den KfW-Studienkredit, mit welchem Studierenden monatlich bis zu 650€ bewilligt werden können. Zudem gibt es während der Pandemie eine Sonderregelung: bis Ende des Jahres 2021 kann der Studienkredit zinsfrei (dieser Zeitraum wurde erst vor Kurzem verlängert) und auch von internationalen Studierenden beantragt werden. Diese haben das neue Angebot besonders stark in Anspruch genommen und machen über die Hälfte der Anträge von Mai bis September aus.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit der Studierenden wurde unterschätzt


An den steigenden Abschlüssen von KfW-Studienkrediten während der Corona Pandemie kann man eines klar sehen: Die Folgen der Krise für die Studierenden wurden enorm unterschätzt. Die zur Verfügung gestellten 100 Millionen Euro des Bundes reichten bei weitem nicht aus, um die große Anzahl an Anträgen abzudecken und die strengen Bedingungen schlossen eine noch größere Zahl schon von vornherein aus. Das auch Studierende von der Wirtschaft abhängen, wurde schlicht übersehen.

Immer mehr junge Menschen studieren in Teilzeit und finanzieren ihr Studium durch elterliche Unterstützung, Nebenjobs, BAföG oder Stipendien. Doch gerade die Unterstützung der Eltern und die Einnahmen durch Nebenjobs sind bei vielen Studierenden durch die Corona Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen eingebrochen. Dennoch sind die meisten Studierenden nicht BAföG berechtigt und fallen auch durch die Auflagen der bundesweiten Nothilfen. Vor allem internationale Studierende, Studierende mit Kind oder jene, die durch Corona die Pflege von Angehörigen übernehmen mussten, trifft die Krise hart.

Der KfW-Studienkredit war für unzählige Studierende daher die einzige Option, da er unabhängig vom Einkommen der Eltern beantragt werden kann, was sein entscheidender Vorteil gegenüber BAföG ist. Allerdings macht man hier schon als junger Mensch Schulden und je länger man braucht, um diese zurückzuzahlen, desto höher fallen die Zusatzkosten durch die Zinsen aus. Denn das zinsfreie Angebot endet bereits mit dem Jahr 2021. Wer bis dahin nicht alle Schulden beglichen hat, muss zukünftig den hohen Zinssatz der KfW zahlen, der in der Vergangenheit bei 4,3 lag.

Kritiker fordern aktualisierte Bundesstudienförderung


Der Studienkredit der KfW steht schon seit Längerem in der Kritik. Angesichts der neuen vermehrten Abschlüsse, die sich aus der Not der Studierenden und mangelnde Unterstützung in der Corona Krise speisen, werden die kritischen Stimmen aber zunehmend lauter. So bezeichnet der hochschulpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Jens Brandenburg, die zweitweise Zinsfreiheit als „Mogelpackung“ und „halbherzige[n] Neukundenrabatt“. Da wohl nur wenigen die schnelle Rückzahlung gelingen wird, werden viele Studierende mit hohen Schulden aus der Krise hervorgehen.

Laut der Zeitschrift WirtschaftsWoche sieht auch der Leiter der politischen Analysen des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE), die Hilfeleistungen über den Studienkredit kritisch. Ulrich Müller beurteilte die Ergebnisse des Studienkredit-Tests 2020: „Grundsätzlich ist der KFW-Kredit der teuerste Kredit, den der Student derzeit zur Finanzierung des Studiums nehmen kann“.

Außerdem spricht sich Müller für eine zeitgemäße Bundesstudienförderung aus, die unterschiedliche Lebenssituationen, Studienbedingungen und Bildungsbiografien stärker berücksichtigt. Ein Teilzeitstudium durch Nebenjobs und Orientierungssemester, die bei der Jobsuche zunehmend gut ankommen, wird derzeit nicht staatlich gefördert. Auch schaffen immer weniger Studierende den Abschluss in Regelstudienzeit, was sich häufig auf die Förderungsmöglichkeiten ausschlägt.

Auch in 2021 ist die weitere Entwicklung der Pandemie kaum abzusehen. Auf dem Arbeitsmarkt wird man wohl noch eine Weile mit schwierigeren Bedingungen rechnen müssen und auch ein weiteres Online oder Hybrid-Semester wird zunehmend wahrscheinlicher. Doch schon Ende März laufen die Corona-Hilfen des Bundes aus und Studierende sind erneut auf sich allein gestellt.

Schulden durch Corona

Alternative Finanzierungsmöglichkeiten während der Corona Pandemie


Was kann man als Studierender also tun, um sich trotz Wirtschaftskrise und mangelnder Hilfen über Wasser zu halten? Wer bereits einen Studienkredit bei der KfW abgeschlossen hat, sollte diesen möglichst vor Ende des Jahres zurückzahlen, um weitere Kosten zu vermeiden. Für alle die weiterhin nach Finanzierungsmöglichkeiten ihres Studiums und Lebensunterhaltes suchen, gibt es noch andere Optionen:

1. Hast du dich jemals über ein Stipendium informiert? Viele Studierende suchen gar nicht erst nach Stipendienplätzen, da das hartnäckige Gerücht besteht, dass nur Hochbegabte förderungswürdig seien. Doch längst gibt es viele Stipendien, die ihre Aufnahmekriterien nach ehrenamtlichem Engagement, schwierigen biografischen Hintergründen oder der Förderung von Minderheiten ausrichten. So fördern z.B. auch die Studienstiftung des Deutschen Volkes oder das Deutschlandstipendium soziales Engagement und die Friedrich-Ebert-Stiftung legt einen großen Fokus auf Chancengleichheit für ausländische Studierende oder Studierende mit Migrationshintergrund.

2. Die Krise bietet bei allen Arbeitsplatzverlusten doch auch neue Beschäftigungsmöglichkeiten. Nicht nur Lieferdienste und Lieferantenjobs nehmen zu, auch in der Bewältigung der Pandemie ergeben sich immer mehr vergütete Stellen. Engagiere dich in der Kontaktnachverfolgung beim Gesundheitsamt, in der telefonischen Beratung oder bei der Online-Hausaufgabenhilfe. So verdienst du dir nicht nur bequem von zuhause etwas dazu, sondern kannst diese Tätigkeit auch als soziales Engagement in deinem Lebenslauf vermerken.

3. Auch wenn die Förderhilfen des Bundes schon mit dem März 2021 auslaufen, kann es sich lohnen, für die verbleibenden Monate Anträge zu stellen. Einen Versuch ist es jedenfalls wert, bevor man über einen Studienkredit nachdenkt.

4. Im Sommer 2020 haben viele Bundesländer oder sogar Hochschulen eigene Hilfsprogramme für ihre Studierenden angeboten. So haben z.B. in NRW viele Hochschulen selbstständig Hilfsgelder gesammelt und an Studierende vergeben. Auch wenn inzwischen viele dieser Mittel aufgebraucht oder die Fristen verstrichen sind, kann es sich lohnen einmal direkt bei der eigenen Hochschule nachzufragen, ob finanzielle Förderungsmittelvorhanden sind.

5. Alternativ zum Studienkredit können Studierende, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium ihres Studiums befinden, auch einen Bildungskredit bei der KfW beantragen. Mit einem Zinssatz von 0,52% ist dieser zu deutlich besseren Konditionen zu erhalten. Allerdings werden hier maximal 300€ im Monat ausgezahlt.

6. In wenigen Ausnahmefällen können Studierende auch Arbeitslosengeld oder Wohngeld bewilligt bekommen. Hier solltest du dich aber zunächst genau informieren, ob du in die Ausnahmeregelung fällst.

Bildnachweis: Vielen Dank an Cottonbro und Rilsonav@pexels.com

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