„Spiegel des Lernens“ statt Noten
Laut der Anthroposophischen Gesellschaft Stuttgart, die das Projekt bereits seit einigen Jahren konzipiert, sei es das Ziel: „die Grundlagen der Waldorfpädagogik auch an der Hochschule umzusetzen, da ein Ganzheitliches Denken im Verlauf der Spezialisierung, die Studenten in ihrem akademischen Werdegang durchlaufen, oft verlorengeht.“
Das bedeutet zum Beispiel, dass, wie an den Waldorfschulen, möglichst auf Notengebung verzichtet wird. Stattdessen gibt es eine allgemeine Einschätzung der Studenten als Schüler und Menschen. Dazu gehören auch Entwicklungen im Charakter und darauf basierende Empfehlungen für das weitere Lernen.
Den Namen für die Aufnahme tanzen?
Auch die sogenannte „Eurythmie“, die im Alltag häufig auf das Tanzen des eigenen Namens reduziert wird, soll ihren Platz an der neuen Hochschule bekommen. Dabei geht es natürlich nicht nur darum, seinen eigenen Namen darzustellen, sondern um den allgemeineren Gedanken, dass „Geist und Körper eine Einheit bilden und man auch mit dem Körper spricht und denkt“, wie die Anthroposophische Gesellschaft mitteilt.
So wird es, wie an anderen Hochschulen auch, Aufnahmegespräche für die Unterschiedlichen Studiengänge geben, in denen die zukünftigen Studierenden auch ihre Ziele für das Studium oder schon voraussichtliche Themen ihrer Abschlussarbeiten (beschränkt sich auf die Bewerbung für Masterstudiengänge) vorstellen. Ihre Zukunftsvorstellungen sollen die Bewerber dabei auch im Rahmen der Eurhythmie, also durch Tanz darstellen.
Vor allem in Bezug auf wissenschaftliche Arbeiten, die also tänzerisch präsentiert werden sollen, wirkt diese Vorstellung fragwürdig. Die Anhänger der Waldorfpädagogik vertreten aber die Ansicht, dass die Ausdrucksformen des Körpers genauso präzise und gleichzeitig sehr viel vielfältiger als die der Sprache sind.
Ganzheitliche Studiengänge
Nicht nur bei der Aufnahme soll die Eurythmie eine Bedeutung haben. Es wird einen ganzen Bachelor Studiengang geben, der sich mit dem Ausdruck durch Tanz beschäftigt und auch hier sind die Anhänger des Konzepts davon überzeugt, dass „mit körperlichen Mitteln ebenso gut wissenschaftlich gearbeitet werden kann, wie mit Stift und Papier“.
Es wird außerdem Studiengänge geben, die sich mit Anthroposophie und anthroposophischer Medizin – die in ihren Grundzügen der Heilpädagogik ähnelt – auseinandersetzen. Dabei soll es, ganz entsprechend dem ganzheitlichen Grundkonzept, immer möglich sein, alles Seminare und Vorlesungen zu besuchen und zwischen verschiedenen Studiengängen zu „springen“.
Die Waldorfpädagogik hat nichts in der Wissenschaft zu suchen!
Kritische Stimmen bezüglich der Idee, Anthroposophie als Grundlage einer Hochschule zu verwenden, werden bereits aus verschiedenen Richtungen laut. Helmut Zander, bekannt als scharfer Kritik der Lehre von Rudolf Steiner, äußerte in einem kürzlich geführten Interview: „Eine Lehre, die auf Esoterischen Vorstellungen eines Dichters (Johann Wolfgang von Goethe – Anm. d. R.) und veralteten wissenschaftlichen Vorstellungen basiert, hat absolut nichts in der modernen, akademischen Welt verloren.“
Spätestens Ende 2017 sollte klar sein, ob sich Esoterik und Wissenschaften vereinen lassen, denn dann soll die offizielle Akkreditierung der Studiengänge an der Waldorf Universität erfolgen und es entscheidet sich, ob das Ganzheitliche Denken endgültig in die akademische Welt einzieht.
Bildquelle: Vielen Dank an mikefoster für das Bild (© mikefoster/www.pixabay.de).