102 Jährige bekommt Doktortitel

102 Jährige bekommt Doktortitel
Exakt 77 Jahre nach Fertigstellung ihrer Dissertation bekam die 102-Jährige Ingeborg Syllm-Rapoport endlich den wohlverdienten Doktortitel der Medizin vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) verliehen. Sie gilt damit nun als älteste Promovendin der Welt und löst Heinz Wenderoth ab, der laut Guiness Buch der Rekorde 2008 im Alter von 97 Jahren über Zellbiologie promovierte.

1938 arbeitete Syllm-Rapoport als Assistenzärztin im Israelitischen Krankenhaus Hamburg und hatte dort ihre Doktorarbeit über Lähmungserscheinungen infolge von Diphterie geschrieben. Aufgrund der jüdischen Abstammung ihrer Mutter durfte sie damals trotz herausragender medizinischer Leistungen nicht die mündliche Prüfung ablegen. Nun fast 80 Jahre später, hat sie erfolgreich ihre mündliche Prüfung, die sogenannte Disputation, abgelegt.

Vorbereitung auf die Prüfung ohne Bücher und Computer
Da Ingeborg Syllm-Rapoport sehr schlecht sieht, konnte sie für die Vorbereitung weder Bücher noch Computer nutzen. Sie konnte jedoch ihre Familie und Freunde mobilisieren, die sie beim Lernen für die Verteidigung der Dissertation unterstützten. So recherchierte etwa die Schwiegertochter Fragen für sie im Internet und las ihr die Antworten am Telefon vor. Syllm-Rapoport lernte diese auswendig und gab ihrer Schwiegertochter anschließend wieder neue Fragen mit. Dies ging über viele Wochen hin und her. Die 45-minütige Prüfung selbst fand dann im heimischen Wohnzimmer Syllm-Rapoports statt.

Uwe Koch-Gromus, Dekan der Medizinischen Fakultät, zeigte sich tief beeindruckt vom Fachwissen der Seniorin, auch in Bezug auf die moderne Medizin. Insbesondere ihre Selbstkritik sei beispiellos. "Sie ließ nichts von ihrer Arbeit übrig, stellte aber zugleich einen neuen Ansatz zur Lösung der Fragestellung vor." Kein Wunder, dass Syllm-Rapoport mit der Note magna cum laude ausgezeichnet wurde.

Die Verleihung des Doktortitels fand am Dienstag, den 09.06.2015, in einer feierlichen Zeremonie statt. Syllm-Rapoport freute sich sichtlich über die Promotionsurkunde und sah die Verleihung als "hoffnungsvolles Zeichen eines neuen, anderen, humanistischen Geistes an einer deutschen Universität."

Professorin ohne deutschen Doktortitel
Ihr einstiger Doktorvater Rudolf Degkwitz hatte Ingeborg Syllm-Rapoport bereits 1938 bescheinigt, dass die Promotion "von mir als Doktorarbeit angenommen worden wäre, wenn nicht die geltenden Gesetze wegen der Abstammung des Frl. Syllm die Zulassung zur Promotion unmöglich machten".

Im gleichen Jahr emigrierte Ingeborg Syllm-Rapoport in die Vereinigten Staaten. Wegen des fehlenden Doktortitels fand sie hier jedoch zunächst keine Anstellung als Ärztin. Erst 4 Jahre später schloss sie dank eines Stipendiums den Medical Doctor als Jahrgangsbeste ab. Anschließend arbeitete sie als Kinderärztin.

Auch ihr Mann, Samuel Mitja Rapoport, war erfolgreicher Mediziner. Gemeinsam kehrten sie Anfang der 50-er Jahre nach Deutschland zurück und zogen nach Ost-Berlin. Hier arbeiteten beide an der Charité. Ingeborg Syllm-Rapoport habilitierte 1968. Anschließend begründete sie die Abteilung der Neonatologie an der Charité, hatte den europaweit ersten Lehrstuhl dieser neuen Disziplin inne und wurde für ihre herausragenden Leistungen in der Neugeborenenheilkunde mehrfach ausgezeichnet.



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Kommentare

Userbild von stini145
14. Juni 2015 · 11:16 Uhr
stini145
:-)
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