Bachelor – gute Idee mit einigen Mängeln
Mittlerweile ist auch die Umsetzung des Bologna-Prozesses ein wenig angestaubt. Die Umstrukturierung europäischer Hochschulsysteme geht auf einen Beschluss aus dem Jahr 1999 zurück, bei dem sich Bildungsminister aus 29 Staaten dazu bereit erklärten, Hochschulbildung länderübergreifend zu vereinheitlichen.
Blicken wir zurück und schauen, was uns die Einführung der neuen Abschlüsse, insbesondere die des Bachelors, gebracht hat. Dieser ist kaum mit dem grundständigen Studium zu vergleichen. Das hat für die Studierenden durchaus etwas Gutes: Auch ohne Master steht man nicht mit leeren Händen da, wenn man zumindest den Bachelor absolviert hat. Genau das war auch eines der wesentlichen Ziele: Die Studienzeiten sollten verkürzt und Studenten dennoch mit einem vollwertigen Abschluss in die Berufswelt entlassen werden.
Ein weiterer Vorteil des Bachelor-Master-Systems ist die vereinfachte Mobilität. Studierende erwerben bei Beendigung eines Moduls sog. ECTS-Punkte (ECTS = European Credit Transfer System), diese lassen sich an jeder europäischen Hochschule anrechnen. Aus diesem Grund ist ein Auslandssemester innerhalb der EU, beispielsweise in England oder Spanien, viel leichter möglich als das noch zu Zeiten des Diploms der Fall war.
Die Schattenseiten des Bachelors
Man könnte denken, die Umstellung auf Bachelor und Master sei etwas durch die Bank weg Gutes. Leider ist dem nicht so. Eine Befragung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) aus dem Jahr 2015 hat ergeben, dass Arbeitgeber tendenziell mit Masterabsolventen zufriedener sind als mit Bachelorabsolventen. Je nach Branche und Größe des Unternehmens kann diese Schere unterschiedlich stark auseinandergehen. So haben große Konzerne eher die Möglichkeit, mangelnde Kompetenzen auszugleichen.
Kleinen Betrieben hingegen fehlen oft die finanziellen Mittel für Nachschulungen – sie sind häufig unzufriedener mit ihren Angestellten.
Auch viele Experten sind der Meinung, dass der Bachelor keine ausreichende Qualifikation darstellt, um später im Beruf eine Führungsposition zu bekleiden.
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Wann sollte ich den Master machen?
Bachelor vs. Master ist vor allem auch eine Interessenabwägung. Grundsätzlich empfehlen wir: „Erst das eine, dann das andere!“ Soll heißen, dass du dich im Verlauf deines Studiums zunächst einmal voll auf dein Bachelorstudium konzentrieren solltest. Erst wenn sich dieses dem Ende neigt, vielleicht ab dem fünften Semester, solltest du Überlegungen anstellen, ob du noch einen Master dranhängen möchtest und inwieweit sich dieser für dich lohnt.
Immerhin bedeutet ein Masterstudium zwei weitere Studienjahre – mindestens. Diese Tatsache solltest du nicht unterschätzen, denn der Studentenalltag ist längst nicht für jeden eine Wohltat. Theoretische, teils verschulte Lehrveranstaltungen, kein oder maximal ein geringes Einkommen, Klausuren, Hausarbeiten und andere Leistungen, die zu erbringen sind. All das wird dir im Master wiederbegegnen. Wenn du dich schon mit dem Bachelorstudium schwertust und eigentlich nur noch sein Ende herbeisehnst, dann ist der Master vielleicht nichts für dich – zumindest noch nicht.
Master – auch später noch eine Option
Solltest du dir deine Sache mit dem Master noch nicht sicher sein, kannst du die endgültige Entscheidung für oder gegen einen weiterführenden Abschluss auch vertagen. Denn den Master unmittelbar nach dem Bachelor zu absolvieren, ist definitiv kein Muss.
Alternativ kannst du auch den Master später auch berufsbegleitend absolvieren. Das hat vor allem den Vorteil, dass du dann schon in der Berufswelt fußgefasst hast und womöglich schon weißt, wo du im Verlauf deiner Karriere noch hinwillst. Unmittelbar nach dem Studium lässt sich diese Frage meistens schwer beantworten. Sie kann jedoch Einfluss darauf haben, welche Vertiefung du im Masterstudium wählen solltest.
Bachelor vs. Master: Der Master lohnt sich – vor allem finanziell
Beim Thema Bachelor vs. Master stellen sich viele natürlich die Frage, ob sich der Anschluss eines Masterstudiums auch finanziell rechnet. In vielen Bereichen tut er das. So verdienen beispielsweise Betriebswirte mit einem Master 6.000€ jährlich mehr als ihre Kollegen mit einem Bachelor. Bei Ingenieuren ist diese Kluft nicht ganz so groß. Der Unterschied liegt bei etwa 3.000 bis 4.000€ brutto im Jahr. Etwas gründlicher überlegen, ob sich der Aufwand für sie lohnt, sollten hingegen Geisteswissenschaftler. Hier betrage der Gehaltsunterschied beim Jahresbrutto „nur“ etwa 2.000€.
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Relative Zahlen sprechen ebenfalls für den Master
In absoluten Größen kann sich der Master definitiv lohnen. Auch die relativen Zahlen sprechen in den meisten Fällen für den weiterführenden Abschluss.
Demzufolge würden Masterabsolventen im Bundesdurchschnitt schon beim Berufseinstieg 13 Prozent mehr Lohn erhalten als Berufseinsteiger mit einem Bachelorabschluss. Mit steigender Berufserfahrung geht diese Schere weiter auseinander. Nach etwa 9 Jahren betrage sie in vielen Branchen bis zu 30 Prozent.
Die bloße Tatsache, dass Masterabsolventen über einen längeren Zeitraum eine Hochschule oder Universität besucht haben, reicht dabei natürlich nicht aus. Die Unterschiede ergeben sich vor allem dadurch, dass Akademiker mit einem Master im Zeitverlauf eine höhere Position bekleiden. Sie werden dann mit komplexeren Aufgaben betraut und/oder haben Personalverantwortung.
Bachelor vs. Master: Wo ist der Master ein Muss?
Die Frage nach einem Masterstudium nach dem Bachelor solltest du vielleicht nicht nur aus der monetären Perspektive – sprich aus Gehaltssicht – beantworten. Denn in einigen Branchen wirst du über ein weiterführendes Studium nicht herumkommen. Mit dem Gehalt hat das aber wenig zu tun.
Vor allem wenn du eine Karriere in der Forschung anstrebst, reicht ein Bachelor nicht aus. Das gilt insbesondere für die Bereiche Chemie, Physik und Biologie. Grund für den Master als Pflichtprogramm ist hierbei, dass der Bachelor als Grundlagenstudium nicht ausreicht, um alle fachlich relevanten Inhalte zu vermitteln.
Auch in der Lehre musst du normalerweise einen Master vorweisen. Willst du später in deinem Fach einen Lehrstuhl bekleiden, schließt sich in der Regel sogar eine Promotion an – zu der du allein mit dem Bachelor keinen Zugang erhältst.
Ursprünglich galt der Master auch als Muss auch für Lehramtsstudenten. Allerdings werden hier aufgrund des akuten Lehrermangels unter Umständen auch Bachelor und sogar Quereinsteiger ohne Lehramtsstudium eingestellt.
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Fazit
Bachelor vs. Master: Die Frage nach dem richtigen Abschluss hängt meistens von individuellen Faktoren ab. In manchen Bereichen ist der Master, vor allem in Sachen Gehalt, wünschenswert, in anderen ist er sogar Pflicht. Daneben entscheiden auch deine persönlichen Präferenzen. Kannst du dir in deiner beruflichen Laufbahn Führungsverantwortung und sogar eine Management-Position vorstellen, solltest du den Master machen. Gleiches gilt, wenn du schlichtweg gern Student bist, dir das Aufnehmen neuer theoretischer Inhalte leichtfällt und du auch mit den Lebenshaltungskosten von Studenten zurande kommst, denn dann erhöht der höhere Abschluss deine Berufschancen.
Bist du jedoch gar nicht auf eine hohe Position aus und das Studentenleben leid, dann kann der Bachelor allein für dich völlig ausreichen. Das gilt insbesondere dann, wenn du dich in einem Feld bewegst, wo sich die Einstiegschancen mit dem Master nicht sonderlich erhöhen.
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